Bundestagsdebatte Alle Parteien außer der AfD befürworten Überführung der Stasi-Akten ins Bundesarchiv

Berlin · Mit der Überführung der Akten solle kein Schlussstrich unter die Aufarbeitung gezogen werden. Mitglieder der AfD und einige DDR-Dissidenten kritisieren die Entscheidung.

 Roland Jahn, Bundesbeauftragter für die Unterlagen der Stasi steht in der Aussenstelle Suhl zwischen Aktenregalen. (Archivbild)

Roland Jahn, Bundesbeauftragter für die Unterlagen der Stasi steht in der Aussenstelle Suhl zwischen Aktenregalen. (Archivbild)

Foto: dpa

Im Bundestag haben alle Parteien außer der AfD die geplante Überführung der Stasi-Akten ins Bundesarchiv befürwortet. Die Unterlagen würden nach ihrer Überführung aus der bisherigen Akten-Behörde wie bisher zugänglich bleiben, sagte die kulturpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Elisabeth Motschmann (CDU), am Donnerstag in einer Aktuellen Stunde des Bundestages.

"Diese Akten gehören zum nationalen Gedächtnis", sagte Motschmann. "Sie sind das Fundament für die Aufarbeitung der SED-Diktatur." Die SPD-Abgeordnete Katrin Budde verwies in der Debatte darauf, dass mit der Überführung der Akten ins Bundesarchiv Verbesserungen verbunden seien, etwa bei der Aufbewahrung. "Das wird ein ganz besonderer Archivteil werden", sagte die SPD-Politikerin.

Der FDP-Abgeordnete Thomas Hacker sagte, die Erhaltung der Stasi-Akten solle auf neue Füße gestellt werden. Die Unterlagen der früheren DDR-Staatssicherheit seien in den Außenstellen der Akten-Behörde nicht immer adäquat untergebracht.

Auch Linke und Grünen unterstützten das Vorhaben. Ebenso wie Union, SPD und FDP kritisierten sie zudem das Verhalten der AfD scharf. Die Rechtspopulisten versuchten, die früheren DDR-Bürgerrechtler "vor ihren Karren zu spannen", sagte die Grünen-Abgeordnete Monika Lazar. Die Menschen seien 1989 "für Freiheit und Demokratie auf die Straße gegangen und nicht, weil sie Angst vor Fremden hatten.

Zu Beginn der Aktuellen Stunde hatte der AfD-Abgeordnete Marc Jongen den Vorwurf erhoben, 30 Jahre nach dem Mauerfall solle die Stasi-Aktenbehörde "still und heimlich" abgewickelt werden. Kritik an der Akten-Überführung gibt es aber auch unter DDR-Dissidenten.

Der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk sagte dem "Spiegel", die Akten-Behörde stehe "wie keine andere Institution für die Aufarbeitung der kommunistischen Diktatur". Ihre Überführung ins Bundesarchiv "wirkt nun wie ein Schlussstrich unter diese Aufarbeitung".

Der Bundestag wollte am Donnerstag über eine Beschlussvorlage zur Überführung der Akten entscheiden. Geplant ist, auf dem Gelände des früheren DDR-Ministeriums für Staatssicherheit, auf dem derzeit auch die jetzige Akten-Behörde untergebracht ist, ein Archivzentrum zu errichten. Neben den Stasi-Akten sollen dort auch die Bestände der zentralen DDR-Behörden, das Archiv der SED sowie der Massenorganisationen gelagert werden. Der Beschlussvorlage liegt ein Konzept zugrunde, an dem der Stasi-Aktenbeauftragte Roland Jahn maßgeblich mitgewirkt hat.

Eine Änderung des Stasi-Unterlagengesetzes, die am Donnerstag ebenfalls zur Abstimmung stand, sieht zudem vor, die derzeitige Überprüfung von Politikern und Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes bis 2030 fortzusetzen.

(chal/afp)
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