Geheimdienste besorgt Al Qaida greift nach Europa

Washington/Berlin (RPO). Die islamistische Terrororganisation von Al Qaida dehnt ihre nordafrikanischen Netzwerke von den Maghreb-Staaten immer intensiver nach Europa aus. Damit gerät auch Deutschland immer stärker ins Visier des Terrors. Zu dieser Erkenntnis kommen Geheimdienste nach den Festnahmen in Düsseldorf und Bochum.

Fahnder führen Terrorverdächtige ab
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Im Zusammenhang mit der Festnahme von drei mutmaßlichen Al-Qaida-Terroristen in Deutschland, unter ihnen der 29 Jahre alte Marokkaner Abdeladim El-K., hat es Hinweise gegeben, dass die Terrororganisation von Osama Bin Laden versucht, verstärkt ihre Kämpfer nicht nur von Ausbildungslagern im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet aus, sondern auch von Nordafrika aus nach Europa einzuschleusen. Das war am Sonntag aus CIA-Kreisen in Washington zu erfahren. Schon die meisten der 21 Attentäter, die vor Jahren ein Blutbad unter den Fahrgästen von Nahverkehrszügen in Madrid anrichteten, waren aus Nordafrika gekommen.

Nach den Untersuchungen des Bundesnachrichtendienstes (BND) kommen die Umstürze und gewaltigen Unruhen in Libyen, Ägypten und Tunesien für das weltweit operierende Terrornetzwerk Al Qaida "wie bestellt". Nach Angaben von BND-Präsident Ernst Uhrlau wird die Terrororganisation versuchen, ihre Handlungsfähigkeit im Maghreb von Tunesien bis Mauretanien zu verstärken. Im "Hamburger Abendblatt" hatte Uhrlau erklärt, es sei zu erwarten, dass Al Qaida auch in anderen afrikanischen Ländern versucht, Muslime für den bewaffneten Kampf zu gewinnen.

Ausbildungslager in der Sahara-Region

Ein CIA-Angehöriger sagte der Nachrichtenagentur dapd in Washington, die Sicherheitsleute würden mit "großer Sorge" beobachten, dass die möglichen Attentäter für europäische Staaten, darunter besonders für Deutschland, eben nicht nur aus Pakistan und Afghanistan, sondern zunehmend auch aus Nordafrika kommen könnten. Die Hinweise für eine solche Entwicklung würden sich "verdichten". Es sei zu befürchten, dass Al Qaida Waffen und "allerlei Munitionsarten" bei den kriegerischen Auseinandersetzungen in Libyen erbeutet, die dann in europäischen Ländern bei Anschlägen eingesetzt werden können.

Aus der CIA war auch zu hören, dass die westlichen Nachrichtendienste verstärkt mit Satelliten die umfangreichen Bemühungen von Al Qaida beobachten, ihre Trainingslager in den großen Gebieten der Sahara-Region auszubauen. Es falle allerdings schwer, das unübersichtliche "Niemandsland" ähnlich wie an der pakistanisch-afghanischen Grenzregion zu überwachen, erläuterte der CIA-Mann. Die stärkste Basis der Al Qaida sei nach wie vor in Algerien.

Steht erster Selbstmordanschlag in Deutschland bevor?

Die CIA-Männer wiesen auf Parallelen hin, die sich zwischen dem Bombenanschlag in der marokkanischen Stadt Marrakesch, der Al Qaida zugeschrieben wird, und den offensichtlichen Attentatsvorbereitungen des Terror-Trios in Deutschland ergeben hätten. Die in Düsseldorf und Bochum festgenommenen mutmaßlichen Al-Qaida-Terroristen wollten nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft einen blutigen Anschlag mit den gefürchteten Splitterbomben in einer großen Menschenansammlung verüben. Genau das habe Al Qaida in Marrakesch mit einer verheerenden Splitterbombe in die Tat umsetzen können. "Die Parallelen sind verblüffend", betonte ein CIA-Mann.

Der Experte machte darauf aufmerksam, dass die amerikanischen Sicherheitsbehörden inzwischen die europäischen Länder, insbesondere Deutschland, für gefährdeter halten als die USA. Die Europäer hätten immer noch nicht die Sicherheitsstandards erreicht, wie sie in den Vereinigten Staaten in die Tat umgesetzt worden seien.

Deutsche Sicherheitskreise stellten die "besorgte Frage", ob Deutschland unter Umständen ein erster Selbstmordanschlag eines Islamisten bevorsteht. So deutlich habe sich eine solche Gefahr bisher noch nie abgezeichnet. Befürchtet werden auch Anschläge auf deutsche Touristen bei Ferienaufenthalten im Ausland. "Wir befürchten, dass damit Al Qaida Druck auf Deutschland ausüben will, die deutschen Soldaten aus Afghanistan abzuziehen", sagte ein deutscher Geheimdienstler im dapd-Gespräch.

(DAP/rm)
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