Landwirtschaftsministerin Aigner will gegen Agrar-Spekulanten vorgehen

Berlin (RPO). Verbraucherministerin Ilse Aigner will die Spekulation mit Lebensmitteln unterbinden. "Nahrungsmittel sollten nicht mit Maschinen und Konsumgütern in eine Schublade gepackt werden", sagte die CSU-Politikerin am Freitag bei der Vorstellung des Ernteberichts 2010.

Aigner kritisierte, dass die Getreidepreise an den Terminbörsen "explosionsartig gestiegen" seien, obwohl die Lager noch gut gefüllt seien. Trotz der Ausfälle vor allem im Russland aufgrund von Hitze und Bränden werde es keine Versorgungsnotlage auf den Weltagrarmärkten geben, versicherte Aigner. Für deutsche Verbraucher sei die Versorgung "zu erschwinglichen Preisen" gesichert. Die Ministerin appellierte an Handel und Verbände, Verbraucher nicht mit Preissteigerungen zu verschrecken.

Warenbörsen seien Instrumente, die helfen, Preisschwankungen abzufedern und ausreichend Liquidität zur Verfügung zu stellen, erklärte die Ministerin. "Anlass zur Besorgnis gibt es allerdings, wenn Kapitalanleger und Indexfonds massiv in die Rohstoff- und Agrarmärkte einsteigen und damit einen negativen Einfluss ausüben." Dagegen sollen sowohl national als auch im Rahmen der G-20-Industrieländer Maßnahmen ergriffen werden.

Aigner nannte es "marktwirtschaftlich bedenklich", wenn Spekulanten die Rohstoffknappheit bei Lebensmitteln nutzten, um kurzfristig Profit zu machen. Die zunehmend zu beobachtenden Schwankungen auf den Rohstoffmärkten beeinträchtigen nicht nur das Wirtschaftswachstum. Sie könnten insbesondere die Versorgung der Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern mit Nahrungsmitteln massiv erschweren.

Inzwischen gebe es Vorschläge von allen Seiten, wie Spekulationen begrenzt werden könnten, sagte die Agrarministerin. Dazu gehörten die Begrenzung von Kontrakten je Marktteilnehmer und von Haltefristen, zentrale und virtuelle Reserven oder eine Clearingstelle. "Dies sollte uns aber nicht zu Schnellschüssen veranlagen", mahnte Aigner. Man dürfe nicht in die alten Fehler der staatlichen Marktregulierung zurückfallen.

Erzeugerpreise bis zu 100 Prozent gestiegen

In Deutschland habe es 2010 trotz extremer Wetterlagen nur geringe Ernteeinbußen gegeben, berichtete die Agrarministerin. Nach der Rekordernte im Vorjahr sei die diesjährige Getreideernte um 12 Prozent auf 43,8 Millionen Tonnen zurückgegangen. Schuld daran sei auch die um 3,9 Prozent auf 6,64 Millionen Hektar verringerte Anbaufläche. Wegen der niedrigen Erzeugerpreise im Jahr 2009 hatten viele Bauern statt Getreide lieber Silomais angebaut.

Die durchschnittlichen Erträge pro Hektar - eine Fläche von der Größe eines Fußballfelds - sank im Vergleich zu 2009 um 8,5 Prozent auf 65,9 Dezitonnen pro Hektar. Die deutschen Landwirte bekommen aber in diesem Jahr mehr Geld für ihr Getreide. Die Erzeugerpreise bewegen sich derzeit je nach Getreideart zwischen 50 und 100 Prozent über dem niedrigen Niveau von 2009. Anfang September gab es 19,58 Euro pro Dezitonne Brotweizen, das sind 100 Kilogramm.

Für die EU der 27 zeichnet sich laut Aigner eine durchschnittliche Getreideernte von 279 Millionen Tonnen ab. Das sind 5 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Weltgetreideernte dürfte mit 1,75 Milliarden Tonnen rund zwei Prozent hinter der Vorjahresproduktion zurückbleiben.

(apd/sdr)
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