Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr Habeck ruft zu mehr Anerkennung von Soldatinnen und Soldaten auf

Berlin · Mit einem großen Gedenkakt würdigt die Politik an diesem Mittwoch den nach 20 Jahren abgeschlossenen Einsatz deutscher Soldaten in Afghanistan. Dabei soll auch der 59 Männer gedacht werden, die in Afghanistan getötet wurden oder starben.

Die Wür­di­gung des Af­gha­nis­tan-Ein­sat­zes der Bun­des­wehr in Bildern
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Großer Zapfenstreich zur Würdigung des Afghanistan-Einsatzes

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Foto: dpa/Christophe Gateau

Grünen-Chef Robert Habeck hat vor dem Großen Zapfenstreich zur Würdigung des Bundeswehr-Einsatzes in Afghanistan mehr Anerkennung für Soldatinnen und Soldaten gefordert. „Heute zollen wir den mehr als 93.000 in Afghanistan eingesetzten Soldatinnen und Soldaten Respekt und Anerkennung. Vor allem gedenken wir der 59 verstorbenen Soldatinnen und Soldaten. 20 Jahre dauerte der Einsatz und fand unter schwersten physischen und psychischen Bedingungen statt. 20 Jahre, in denen wir als Gesellschaft oft gar nicht mehr hingeschaut haben“, sagte Habeck unserer Redaktion. „Allzu oft verkennen wir die körperlichen und seelischen Verletzungen und Narben, die die Soldatinnen und Soldaten durch ihren Einsatz im Kriegsgebiet davontragen. Ihr Schmerz und ihr Leid werden viel zu leicht aus der öffentlichen Wahrnehmung verdrängt. Das sollten wir uns gerade heute beim Großen Zapfenstreich bewusst machen."

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer erinnerte bei einem Gedenkakt am Mittwoch an den Tod von insgesamt 59 Soldaten beim Einsatz in Afghanistan. Zugleich dankte die CDU-Politikerin den Männern und Frauen der Bundeswehr beim zentralen Abschlussappell in Berlin für den 20 Jahre lang in Afghanistan geleisteten Dienst. „Kein Einsatz zuvor hat die Bundeswehr so sehr geprägt wie dieser Einsatz in Afghanistan. Keiner zuvor war so lange, so intensiv, so gefährlich“, sagte sie. Bei dem Appell auf dem Gelände des Verteidigungsministeriums waren auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) anwesend.

Die Bundeswehr habe ihren vom Parlament erteilten Auftrag erfüllt, so Kramp-Karrenbauer. Sie warnte aber vor überzogenen Erwartungen an den Einsatz von Militär im Ausland. Für eine ehrliche Bilanz sei festzustellen: „Deutschlands Anspruch in Afghanistan war größer als das, was die Bundeswehr hätte leisten können.“

Kramp-Karrenbauer sagte zu den Leistungen der Bundeswehr: „Von Afghanistan ging 20 Jahre lang keine terroristische Bedrohung für das Bündnis aus. Sie alle haben quasi aus dem Nichts die afghanischen Sicherheitskräfte aufgebaut. Eine Generation Männer und Frauen konnte freier und sicherer aufwachsen. Doch es gibt auch einiges, was die Bundeswehr als Armee nicht kann: Der Aufbau einer Zivilgesellschaft, das Errichten einer Demokratie oder der Aufbau einer Wirtschaft sind nicht der Auftrag von bewaffneten Streitkräften.“

Mit Blick auf den Sieg der militant-islamistischen Taliban sagte sie, die afghanischen Sicherheitskräfte seien gut ausgebildet worden. „Aber: Eine Armee muss wissen, wofür sie kämpft, sie braucht Rückhalt und Zusammenhalt. Beides, und das ist eine bittere Lektion, kann man von außen kaum ausbilden.“

Die Bundeswehr hatte ihren Einsatz – zuletzt als Teil der Nato-Ausbildungsmission „Resolute Support“ – am 29. Juni beendet und das Feldlager in Masar-i-Scharif geräumt. Es folgte ein schneller Sieg der Taliban und eine militärische Evakuierungsmission („Luftbrücke“) für deutsche Staatsbürger und gefährdete Afghanen aus der Hauptstadt Kabul.

 Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) kamen zu einem Abschlussappell zum Ende des Afghanistan-Einsatzes im Verteidigungsministerium.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) kamen zu einem Abschlussappell zum Ende des Afghanistan-Einsatzes im Verteidigungsministerium.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Grünen-Chef Habeck rief zu einer Aufarbeitung des Afghanistan-Einsatzes auf: „Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee. Und daher ist es nun an uns Politikerinnen und Politikern, gemeinsam mit Expertinnen und Experten, den Afghanistan-Einsatz und auch den Abzug aufzuarbeiten und aus den strukturellen und strategischen Fehlern der Vergangenheit zu lernen“, sagte der Grünen-Politiker. „Das sind wir denjenigen schuldig, die ihr Leben in den Dienst unseres Landes stellen. Sie müssen wir auch in Zukunft bestmöglich bei ihrer Arbeit unterstützen und ihr Leben schützen. Dies gilt insbesondere für bestehende und zukünftige Auslandseinsätze der Bundeswehr“, so Habeck.

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