AfD auf Höchstwert in Umfragen Schuldzuweisungen bringen nichts

Meinung | Berlin · Vor einem Jahr stand die AfD bundesweit noch bei 10 Prozent. Nun zieht sie in einer Umfrage mit der SPD gleich und liegt mit 18 Prozent an zweiter Stelle hinter der Union. Für den Höhenflug gibt es verschiedene Erklärungen.

Die Politik ist aufgeschreckt: Nachdem nun auch im „Deutschlandtrend“ der ARD die AfD in Umfragen mit der Regierungspartei SPD gleichgezogen hat, schieben sich die Ampel-Parteien und die Opposition den schwarzen Peter zu. Wer trägt die Verantwortung? Die Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP streitet wie wild über das Heizungsgesetz und sicher bald auch über den Haushalt, die Union wiederum schafft es nicht, sich mit inhaltlichen Vorschlägen abzusetzen und konstruktiv um Wähler am äußeren Rand zu werben. Was also tun?

Es lohnt, sich die Zahlen etwas näher anzuschauen. Im „Deutschlandtrend“ gaben 67 Prozent der AfD-Anhänger an, die Partei aus Enttäuschung über die anderen Parteien wählen zu wollen. Nur 32 Prozent begründeten ihre Tendenz mit Überzeugung. Heißt: Deutschland hat nicht über Nacht plötzlich lauter neue AfD-Wähler bekommen. Sondern Menschen geben in Umfragen die AfD an, aus Enttäuschung, ja Frust, über die anderen.

Dafür gibt es verschiedene Erklärungen: Unzufriedenheit wegen zunehmender Migration, Energie-Krise und Inflation, der Ampel-Dauerstreit oder auch die öffentliche Zuspitzung von Konflikten. Die Union weist vor allem auf das öffentliche Bild der Ampel-Regierung, das derzeit kein gutes ist. Aber der ausgestreckte Zeigefinge greift zu kurz. Es war immerhin Friedrich Merz, der versprach, mit seiner Wahl zum CDU-Vorsitzenden verbinde sich eine Halbierung der AfD. Davon spricht heute bei der CDU keiner mehr. Bei der Ampel wiederum wird gerne der öffentliche Diskurs und damit verbundenen Kampagnen gegen die Regierung als Erklärung herangezogen.

Die gegenseitigen Schuldzuweisungen bringen gar nichts. Es ist ein Alarmsignal, das ist richtig. Stattdessen sollten sich alle an die eigene Nase fassen und das machen, was demokratische Parteien tun sollten: Regieren und opponieren, mit guten Ideen, klaren Worten und ohne Schaum vor dem Mund. Es geht nicht darum, den Wählern nach dem Mund zu reden, sondern Politik und Veränderungen zu erklären.

Denn - und das ist große Herausforderungen für CDU, CSU, SPD, FDP, Grüne und Linke gleichermaßen - an Änderungen, um den Klimawandel aufzuhalten, führt kein Weg vorbei. Die AfD leugnet Tatsachen, das ist einfach. Aber eine Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft ist die Aufgabe, die die Politik angehen muss. Aber sie muss sie erklären, Menschen mitnehmen. Politik blindlings gegen die Mehrheit zu machen, etwas „durchzudrücken“, das bringt Frust und Enttäuschung - und am Ende der AfD Stimmen.

Die Ampel hat ein sehr schlechtes öffentliches Bild abgegeben in den vergangenen Wochen - die Hauptprotagonisten wissen das selbst. Kommunikativ hat man sich in Streitereien verloren, die mit der Sache irgendwann nur noch am Rande zu tun hatten. Die Koalition muss nun aufpassen, dass es mit dem sich anbahnenden Streit um den Haushalt nicht dasselbe Desaster wird. Diskussionen ja, öffentliche Beschimpfungen nein, denn das gibt den Anti-Demokraten Futter. Eigentlich nicht so schwer.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort