AfD-Parteitag in Augsburg Stimmung statt Struktur

Augsburg · Bei ihrem Parteitag in Augsburg einigt sich die AfD nach langem Streit zwar endlich auf eine Stiftung und darauf, sich ein sozialpolitisches Konzept zu geben - noch immer zählt aber vor allem eins: Provokation, Populismus und Panikmache. In diesem Fall mithilfe eines besonderen Gastes.

 Die Vorstandsmitglieder der AfD singen am Ende des Parteitages die Nationalhymne.

Die Vorstandsmitglieder der AfD singen am Ende des Parteitages die Nationalhymne.

Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Es hat schon turbulentere AfD-Parteitage gegeben als diesen am Wochenende in Augsburg. Zwar versucht Parteichef Alexander Gauland gleich zu Beginn mit einem kruden DDR-Vergleich, die 500 Delegierten aus der Reserve zu locken, genau wie Co-Chef Jörg Meuthen mit seinen Schimpfworten in Richtung Gegendemonstranten und Rechtsaußen Björn Höcke, der für seine nationale Sozialpolitik wirbt. Von den Stühlen reißt das buchstäblich niemanden. Stehende Ovationen, Zwischenapplaus und Jubel erhält an diesem Wochenende nur eine Person, die nicht einmal Parteimitglied ist: Erika Steinbach.

Die Partei feiert Erika Steinbach

Eingeladen, um über die Arbeit der von ihr geleiteten Desiderus-Erasmus-Stiftung zu sprechen, legt die frühere CDU-Politikerin Erika Steinbach sich mit ihrer Rede derart ins Zeug, als gelte es, den Parteivorsitz zu übernehmen. Sie spricht von einem"nicht abreißendem Flüchtlingsstrom", und wie sehr sie dafür kämpfen will, was die Bundesregierung trotz Eid versäume: das "Wohl des Volkes". Als sie zu dem Schluss kommt: "Deutschland ist ein Fall für den Psychiater und wir wollen die Therapeuten sein", feiert der Parteitag Steinbach mit tosendem Applaus - und stimmt schließlich für die offizielle Anerkennung als „AfD-nahe Stiftung“. Stimmung ist in dieser Partei immer noch wichtiger als Struktur

Damit sichert sich die Partei viel Geld, das sie in Stipendien und Fortbildungen investieren will. 581 Millionen Euro haben die parteinahen Stiftungen in Deutschland im vergangenen Jahr aus dem Bundeshaushalt erhalten. Die AfD hätte, ausgehend von ihrem Wahlergebnis 2017, jährlich einen Anspruch auf mehr als 70 Millionen Euro. Außerdem können Privatpersonen so die Partei unterstützen, ohne offiziell als AfD-Spender aufzutauchen.

Stundenlanger Streit um die Stiftung

Dennoch stritten die Delegierten zunächst stundenlang: Welche Stiftung es werden soll, ob es überhaupt eine geben und wer darüber entscheiden soll. "Wir brauchen das Geld nicht, Wahlen gewinnt man mit Glaubwürdigkeit", sagten die Einen, von"Waffengleichheit" sprachen die anderen. „Man darf dem David nicht die Steinschleuder wegnehmen, um den Goliath zu erlegen“, erklärte Steinbach schließlich mit Blick auf die Regierungsparteien.

Denen will die AfD auch im Bereich Soziales endlich etwas entgegensetzen - bislang steht die Partei ohne Renten- und Pflegekonzept da. Der Frontmann des rechtsnationalen „Flügels“, der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke, macht dafür Stimmung: "Soziale Gerechtigkeit muss unser Thema werden", sagt er und drängt darauf, die programmatischen Lücken bei einem "Sozialparteitag" 2019 zu schließen. Man müsse die Identität und die Solidarität zusammenbringen. Dann werde die AfD „die einzige relevante Volkspartei in Deutschland“. Die AfD will also national und sozial sein.

Gauland mit dem nächsten schwierigen historischen Vergleich

In diese völkische Kerbe schlägt auch Gauland in Augsburg schon bei seiner Begrüßungsrede: Er spricht vom "irreversiblen Bevölkerungsaustausch" in Deutschland, der verhindert werden müsse; vor allem aber zieht er einen langen, unsäglichen Vergleich zur DDR. Die AfD werde aktuell verfolgt wie ein Gegner des SED-Regimes, er spricht von „Blockparteien“, und davon, dass „wie damals Sachsen das Herz des Widerstands“ sei. Er stellt die damalige Steuerung des Ostblocks aus Moskau gleich mit der Europäischen Union heute, indem er von „Befehlen aus dem Brüsseler Kreml“ spricht. Angela Merkel vergleicht er wörtlich mit dem DDR-Machthaber Erich Honecker.

Und unausgesprochen stellt er eine weitere Parallele fest, die als Anspielung auf Hitler verstanden werden kann: „Deutschland ist derzeit mit den Russen wegen Putin verfeindet, mit den Amerikanern wegen Trump, mit den Briten wegen des Brexit, die Beziehungen zu Polen, Ungarn, Italien und sogar Österreich sind miserabel“, summiert Gauland, und führt dann fort, bis der Satz im Gelächter untergeht: „Der letzte deutsche Regierungschef, der eine solche Feindkonstellation aufgebracht hat… - nein lassen wir das lieber.“

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