Reaktionen auf das AfD-Grundsatzprogramm "Irrsinnig — wirr — tief reaktionär"

Düsseldorf · Die AfD löst mit ihrem Programm Entsetzen aus. Medien, Parteien und religiöse Dachverbände empören sich. Kritiker verurteilen die Ideen als demagogisch und "von vorgestern". Eine Zusammenarbeit mit der AfD schließen alle etablierten Parteien konsequent aus.

"Die AfD ist zurück im 19. Jahrhundert"
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Foto: afp, PG-

Die Empörung zieht sich quer durch alle Reihen. Überall schlägt der AfD scharfe Kritik entgegen.

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt warf der AfD plumpen Populismus vor. Die Partei sei gegen den Islam, den Euro, die EU, bleibe konstruktive Vorschläge aber weitgehend schuldig, sagte sie der "Welt".

SPD-Vize Ralf Stegner bezeichnete die AfD als "zerstrittene und wirre Rechtsaußen-Partei". "Ihr Prinzip ist es, Sündenböcke zu benennen, aber keine Lösungen anzubieten." Die Inhalte der Partei bezeichnete Stegner als "von vorgestern".

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt kritisierte das Grundsatzprogramm der AfD als "reaktionär" und die Haltung der Partei zum Islam als "irrsinnig". "Die AfD hat sich ein tief reaktionäres Programm gegeben und betreibt mit Rassismus und Islamfeindlichkeit eine Spaltung unserer pluralistischen und demokratischen Gesellschaft", sagte Göring-Eckardt unserer Redaktion.

"Zu sagen, Menschen islamischen Glaubens leben bei uns, aber der Islam gehöre nicht zu Deutschland, ist irrsinnig." Die AfD stelle sich nicht den Herausforderung der Moderne und der Globalisierung, sondern stecke den Kopf in den Sand. Göring-Eckardt betonte: "Einer solch reaktionären Politik der AfD werden wir uns offensiv entgegenstellen — und letztlich die Hilflosigkeit ihrer Vorschläge entlarven."

Göring-Eckardts Partei-Kollegin Simone Peter verurteilte die Beschlüsse als Auswüchse.

Kritik wurde in sozialen Netzwerken auch an den Positionen zur Klimapolitik laut. Den von Wissenschaftlern beobachteten Klimawandel zweifelt die AfD als nicht belegt an. Die Laufzeiten der noch aktiven Atomkraftwerke möchte sie verlängern. SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel bewertete das via Twitter als absurd.

CDU-Vize Armin Laschet zielte mit seiner Kritik mehr auf die EU-Passagen der AfD, die vorsehen, die Europäische Union in ein reines Wirtschaftsbündnis umzuwandeln. Das "Experiment Euro" soll "geordnet" beendet werden.

Der Zentralrat der Muslime warf der AfD vor, ihr Parteiprogramm sei durchzogen von Demagogie und Populismus. "Ein solch islamfeindliches Programm hilft kein Deut, Probleme zu lösen, sondern spaltet nur unser Land", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Ein Minarett-Verbot löse weder soziale Ungerechtigkeiten noch Rentenprobleme.

Zuvor hatte auch der Zentralrat der Juden die religionspolitischen Beschlüsse des Afd-Parteitags in Stuttgart heftig kritisiert. "Die programmatischen Beschlüsse der AfD vom Wochenende haben die religionsfeindliche Haltung dieser Partei glasklar deutlich gemacht. Damit verlässt die AfD den Boden unseres Grundgesetzes", erklärte Präsident Josef Schuster am Sonntag in Berlin. Vor allem die gegen den Islam gerichteten Passagen im Programm zeigten die Intoleranz und Respektlosigkeit der Partei vor religiösen Minderheiten, so Schuster weiter.

Die Alternative für Deutschland hatte am Sonntag auf einem Bundesparteitag in Stuttgart erstmals ein Grundsatzprogramm verabschiedet. Darin heißt es, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Die AfD wendet sich unter anderem gegen Burkas, den Bau von Minaretten und das Schächten von Tieren, die von Juden und Muslimen praktizierte Schlachtung. Beim Thema Familienpolitik entschieden die Delegierten, Abtreibungen dürften nicht gefördert werden.

Als Perspektive stellten die AfD-Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen und Frauke Petry eine Regierungsbeteiligung in Aussicht. Meuthen nannte die AfD eine "Volkspartei, die die Geschicke unseres Landes auf längere Sicht mit lenken" wolle. Petry sagte: "Wir wollen Mehrheiten zu einer Veränderung erringen." Hasselfeldt kommentierte das in der "Welt" mit den Worten: "Frau Petrys Träume von einer Regierungsbeteiligung scheitern schon daran, dass keine andere demokratische Partei mit ihr zusammenarbeiten will."

(pst/dpa/KNA/AFP)
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