Streit um umstrittenes Bahnprojekt Ärger im Bundestag über "Stuttgart 21"

Berlin (RPO). Der Streit um das umstrittene Bahnprojekt "Stuttgart 21" hat nun auch den Bundestag erreicht. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer rief am Freitag in den Haushaltsberatungen des Parlaments die Gegner dazu auf, ihren Widerstand aufzugeben. Zeitgleich ist der Sprecher des Bahnprojektes Wolfgang Drexler mit sofortiger Wirkung von seinem Amt zurückgetreten.

Bürger protestieren gegen "Stuttgart 21"
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"Stuttgart 21" sei ein Projekt, das über viele Jahre hinweg nach allen Regeln rechtsstaatlicher Kunst zustande gekommen sei, sagte der CSU-Mann Ramsauer. Es könne daher nicht akzeptiert werden, dass die Demonstranten nun "ein vermeintlich höheres Recht" in Anspruch nähmen, um das Projekt zu stoppen. "Ein Staat, der dies hinnehmen würde, würde sich als Rechtsstaat dem Zweifel preisgeben", sagte Ramsauer. Grüne und Linke warfen der Regierung vor, die Bürger zu ignorieren.

Der Minister erinnerte daran, dass es in den vergangenen Jahren zahlreiche Wahlen gegeben habe, bei der Amtsträger wiedergewählt worden seien, obwohl das Vorhaben hinreichend bekannt gewesen sei. Der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Uwe Beckmeyer, griff die Ankündigung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, die Landtagswahl im kommenden Jahr zur Abstimmung über das umstrittene Projekt zu machen. "Die Bürger in Baden-Württemberg werden die Gelegenheit haben bei dieser Abstimmung zu zeigen, für was sie sind", sagte er. Der Sprecher des Seeheimer Kreises der SPD, Johannes Kahrs, stellte klar: "Es ist richtig, dass man 'Stuttgart 21' baut, es ist auch richtig, die Bevölkerung zu befragen und zu überzeugen und in der Sache mitzunehmen."

FDP lehnt Abstimmung ab

Der FDP-Politiker Patrick Döring lehnte eine Abstimmung über das Projekt ab. Es habe ein Planfeststellungsverfahren gegeben und in keinem anderen Land in der Europäischen Union würden die Bürger so stark an den Planfeststellungsverfahren beteiligt wie in Deutschland. Er erinnerte außerdem daran, dass das Projekt noch unter dem früheren Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) beschlossen worden und der Bundestagsbeschluss 2005 einstimmig zustande gekommen sei.

Die verkehrspolitische Sprecherin der Linken, Sabine Leidig, forderte die Abgeordneten dazu auf, den Beschluss über "Stuttgart 21" zu überdenken. In den vergangenen Monaten seien eine ganze Reihe von Fakten bekannt geworden, die bislang unter Verschluss gehalten worden seien. Es sei daher durchaus zulässig, eine bestehende Meinung zu überdenken. "Die Bürgerinnen und Bürger fragen sich zu recht, warum dieses Projekt auf Biegen und Brechen durchgezogen werden soll", sagte sie.

Grüne und Linke für Ausstieg

Der Grünen-Politiker Winfried Hermann forderte den Ausstieg aus dem Vorhaben. "Wir müssen uns verabschieden von unbezahlbaren, teuren, nicht durchsetzbaren Projekten", sagte er. Der Neubau des unterirdischen Durchgangsbahnhofs und die Bahnstrecke zwischen Ulm und Wendlingen schluckten zusammen zehn bis elf Milliarden Euro. "Diese Art von Geldverschwendung geht den Leuten so was auf den Keks, den Schwaben ganz besonders." Er erinnerte daran, dass es gemäß der Haushaltsordnung des Deutschen Bundestags die Pflicht der Parlamentarier wäre, den Beschluss des Bundestags über "Stuttgart 21" zu überdenken. Es sei noch nicht zu spät, das Projekt zu stoppen.

Unions-Fraktionsvize Arnold Vaatz warf den Grünen vor, Großprojekte wie "Stuttgart 21" systematisch zu verzögern. Ramsauer stellte klar, er sei bereit, für das Projekt zu streiten. "Ein Ausstieg aus dem Projekt würde sich auf die Verkehrsinfrastruktur in Baden-Württemberg fatal auswirken", betonte der Minister. Er kündigte an, für das Projekt zu streiten und bekräftigte seine Auffassung mit dem Zusatz "Donnerwetter". Mitglieder der Linke-Fraktion brachten unterdessen ihren Widerstand durch Tragen eines T-Shirts zum Ausdruck, mit dem das Projekt abgelehnt wird. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) schloss die Parlamentarier daraufhin von der Sitzung aus.

Sprecher wirft hin

Der Sprecher des Bahnprojektes "Stuttgart 21", Wolfgang Drexler, ist mit sofortiger Wirkung von seinem Amt zurückgetreten. Dies erklärte der SPD-Politiker und Landtagsvizepräsident am Freitag in Stuttgart. "Nach der Entscheidung der SPD-Landtagsfraktion sowie der SPD-Bundestagsfraktion, einen Baustopp für Stuttgart 21 zu fordern bis ein landesweiter Volksentscheid stattgefunden hat, kann ich die Aufgabe im Namen aller vier Projektpartner für das Projekt zu sprechen, nicht länger mit meinem Mandat in der SPD-Fraktion in Einklang bringen", sagte Drexler. Der 64-Jährige hatte das Ehrenamt des Leiters des Kommunikationsbüros am 1. September 2009 übernommen.

(apd/felt)
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