CDU-Parteitag in Karlruhe Abschied von der Wehrpflicht

Karlsruhe (RP). Mit überwältigender Mehrheit hat sich die CDU der Initiative von Verteidigungsminister Guttenberg (CSU) angeschlossen. Die Stimmung war bestens. Es kam zu einem ungewöhnlichen Angebot.

Merkel kämpferisch in Karlsruhe
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Karlsruhe (RP). Mit überwältigender Mehrheit hat sich die CDU der Initiative von Verteidigungsminister Guttenberg (CSU) angeschlossen. Die Stimmung war bestens. Es kam zu einem ungewöhnlichen Angebot.

Doch so leicht machte es sich die CDU nicht, die sich selbst als "Partei der Wehrpflicht" betrachtet. Auch Innenminister Thomas de Maizière, durch seine Familie auf das Engste mit der Bundeswehr verbunden, ergriff das Wort.

"Ich bin ein Kind der Bundeswehr." Sein Vater Ulrich de Maizière gilt als Vater der "Inneren Führung" und war Generalinspekteur der Bundeswehr. "Der Abschied von der Wehrpflicht fällt mir besonders schwer", bekannte der Innenminister. Doch er stellte sich ebenfalls auf die Seite Guttenbergs.

Es blieb dem neuen schleswig-holsteinischen CDU-Landesvorsitzenden (und Reserveoffizier) Christian von Boetticher vorbehalten, mit großer Leidenschaft die Front der Wehrpflicht-Verteidiger anzuführen. "Wir kaufen eine Katze im Sack, von der wir weder die Katze noch den Sack sehen", sagte er in Anspielung auf die noch nicht konkret vorliegende Bundeswehr-Reform.

Mehr Ehrlichkeit gefordert

Freilich wusste auch von Boetticher, dass das Blatt nicht mehr zu wenden war. Seine Freunde hätten ihn gewarnt: "Du wirfst Dich hinter einen fahrenden Zug." Dennoch warb er für mehr Ehrlichkeit. Es werde zwar argumentiert, dass es keine Bundeswehr nach Kassenlage geben dürfe. Das Gegenteil sei jedoch der Fall, wie der Beifall für Finanzminister Wolfgang Schäuble und seine harten Sparvorgaben auch für die Bundeswehr zeige.

Guttenberg hatte allerdings von Anfang an die große Mehrheit des Parteitages hinter sich. Er griff die kritische Frage von Ex-Kanzler Helmut Kohl auf, was sich denn in den letzten Jahren geändert habe, wodurch es gerechtfertigt sei, die Abschaffung der Wehrpflicht nun auf die Tagesordnung zu stellen. Tatsächlich, so Guttenberg, sei den Entwicklungen in den letzten 20 Jahren nicht genügend Rechnung getragen worden.

Ausbilder für die Freiwilligen

Viele Argumente für den Erhalt der Wehrpflicht seien nicht mehr stichhaltig. Es gehöre zur Verantwortung der Politik, die Gestaltung selbst in die Hand zu nehmen, statt die Zukunft der Bundeswehr von den Gerichten gestalten zu lassen. Selbst der Hinweis, durch die Wehrpflicht würden Berufs- und Zeitsoldaten gewonnen, erscheine bei näherer Nachprüfung in neuem Licht. Es ließen sich zwar 8000 Freiwillige rekrutieren, gleichzeitig seien aber 10.000 Berufs- und Zeitsoldaten nötig, um die Wehrpflichtigen auszubilden.

Nachhaltige Zustimmung fand Guttenberg für seinen Appell, die Losung "tue etwas für das Land und tue es gerne" im allgemeinen Denken zu verankern. "Das hat noch nie einem jungen Menschen geschadet, selbst mir nicht, wie meine Frau bezeugen kann", sagte Guttenberg. Als Reaktion stellte Familienministerin Kristina Schröder ein Konzept für einen allgemeinen Freiwilligendienst vor. Bei mehreren Dutzend Gegenstimmen und einigen Enthaltungen folgte der Parteitag dem Kurs Guttenbergs.

CDU ist "aufnahmebereit"

Der freute sich, dass er bei der CDU deutlich länger für sein Konzept werben durfte als bei der eigenen CSU. Das führe ihn jedoch nicht dazu, bei der Schwesterpartei "um Asyl nachsuchen" zu wollen. Versammlungsleiter Peter Hintze konterte, der Beifall zeige, dass die CDU für Guttenberg jederzeit "aufnahmebereit" sei. Mit diesem Wortspiel griff Hintze auch eine weit verbreitete Stimmung unter der CDU auf, nicht nur die eigenen Talente zukünftig für größere Rollen und Ämter vorzusehen, sondern auch mit Guttenberg zu rechnen. Der nutzte genau diese Erwartungshaltung, um auch auf anderen Politikfeldern richtig "abzuräumen".

Höflich vergaß er aber nicht, auch die CDU-Vorsitzende zu ihrem Parteitagsauftritt zu beglückwünschen. "Frau Vorsitzende, liebe Angela", sagte Guttenberg. Sie habe eine "große und richtungweisende Rede" gehalten. Womit Guttenberg völlig unverdächtig donnernden Applaus zugleich auf sich wie die Kanzlerin lenkte.

(RP)
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