Vor der Sommerpause Abrechnung in der Großen Koalition

Berlin (RPO). Unruhe in der Großen Koalition ist der Wähler bereits gewohnt. Doch zu Beginn der parlamentarischen Sommerpause scheint das Abrechnen unter zwischen Union und SPD richtig loszugehen. SPD-Fraktionschef Peter Struck sah die Union wegen ihrer Abhängigkeit vom Kanzleramt als Bremser. Sein CDU-Pendant Volker Kauder hingegen attackierte Kurt Beck.

Freunde und Feinde in der Großen Koalition
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Struck hielt der Union autoritäre Entscheidungsstrukturen vor. Dies behindere die Arbeit der Koalition erheblich, sagte er in einem Interview der "Welt am Sonntag". Offenbar könnten die Abgeordneten von CDU und CSU kaum etwas ohne Zustimmung des Kanzleramtes entscheiden. Dadurch komme die Koalition unter anderem beim Mindestlohn und bei der Erbschaftsteuer nicht voran.

Als weiteres Beispiel nannte er die Besetzung der geplanten Arbeitsgruppe unter der Leitung von Arbeitsminister Olaf Scholz zur Festlegung der Branchen, in denen ein Mindestlohn eingeführt werden soll. "Die Union ist nicht einmal in der Lage, die Ansprechpartner dieser Arbeitsgruppe zu benennen. Die Erbschaftsteuer-Verhandlungen könnten wir auch fachpolitisch abschließen. Trotzdem hakt es, weil die CSU-Führung bremst", kritisierte der SPD-Fraktionsvorsitzende.

Wulff sieht SPD als Bremser

Dagegen sieht der stellvertretende CDU-Vorsitzende Christian Wulff die SPD als Bremser. Er sagte im Münchner Magazin "Focus", Struck und Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier könnten nur so weit agieren, wie die SPD-Linke Andrea Nahles dies zulasse. "Im Alltagstrott einer Großen Koalition mit vielen Kompromissen gibt es eine Sehnsucht nach CDU pur," wurde der niedersächsische Ministerpräsident zitiert.

Kauder wiederum attackierte Beck, weil er eine Machtfrage an der SPD-Spitze ungeklärt lasse. Er sagte dem "Tagesspiegel am Sonntag", als Konsequenz sei "die Truppe in Aufruhr". Es führe auch nicht gerade zur Beruhigung, "dass der SPD-Vorsitzende seine Leute jetzt täglich mit neuen Botschaften bis zur Höchstspannung treibt". Die SPD komme erst wieder zur Ruhe, wenn geklärt sei, "wer wird Kanzlerkandidat, wer bleibt Parteichef".

Eppler für Steinmeier

SPD-Vordenker Erhard Eppler sprach sich für eine Kanzlerkandidatur Steinmeiers aus. In der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" sagte der frühere Bundesminister, alle die Steinmeier als Bürokraten abtäten, unterschätzten ihn. Beck als Parteichef wisse was er wolle, und er habe politische Substanz.

Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee unterstrich dagegen, dass die Kandidatenfrage offen sei. Das SPD-Vorstandsmitglied sagte der "Bild am Sonntag", eine Vorentscheidung zugunsten von Steinmeier gebe es nicht: "Wir entscheiden darüber zu einem Zeitpunkt, den der Parteivorsitzende (Kurt Beck) bestimmt. Punkt und Schluss der Debatte."

Merz warf Merkel unterdessen vor, sie setze falsche politische Prioritäten. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtete von einem Brandbrief des Politikers, in dem er vor der Gefahr eines schlechten Abschneidens der Union bei der Wahl 2009 warnte. Der CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla gab im "Kölner Stadt-Anzeiger" als Wahlziel der Union 40 Prozent "plus x" aus. In jüngsten Umfragen lag sie bei 35 Prozent.

(ap)
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