Reiserekord 2010 Abgeordnete so reisefreudig wie noch nie
Saarbrücken/Hamburg (RPO). Brüssel, Afghanistan, Kenia, Malaysia - die Abgeordneten des Bundestages sind im vergangenen Jahr so oft wie nie zuvor ins Ausland gereist. Den bisherigen Höchststand erreichten die Parlamentarier 2008 mit knapp 600 Reisen, 2010 waren es mehr als 700.
Bereits im vergangenen Sommer hatte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) die Parlamentarier ermahnt. In den ersten Monaten dieses Jahres seien "bei weitem mehr" Reisen beantragt und unternommen worden als im selben Zeitraum 2009 und 2008, beklagte Lammert in einem Brief an die Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen. Offenbar ohne Erfolg.
Wie mehrere Medien unter Berufung auf die Bundestagsverwaltung berichteten, zog es die Volksvertreter im Jahr 2010 exakt 725 Mal ins Ausland. Zusätzlich zu diesen Einzelreisen registrierte die Verwaltung demnach 78 Delegationsreisen ins Ausland.
Den bisherigen Höchststand erreichten die Parlamentarier 2008 mit knapp 600 Reisen ins Ausland. Damals kosteten die Reisen rund 3,6 Millionen Euro. Diese Summe dürfte nun übertroffen worden sein.
Im Jahr 2009 reisten Bundestagsabgeordnete einzeln nur 378 Mal ins Ausland, was die Verwaltung aber auf den Wahlkampf zurückführt. Die gestiegene Zahl der Reisen im vergangenen Jahr begründete eine Sprecherin der Bundestagsverwaltung vor allem mit intensiveren Kontakten mit Brüssel.
Die Warnrufe des Bundestagspräsident sind nach Einschätzung des Vize-Präsidenten des Bundes der Steuerzahler (BdSt), Reiner Holznagel, "sang- und klanglos verhallt". Er kritisierte den "explosionsartigen Anstieg der Reiseausgaben". Mit zwölf Millionen Euro stünden den Abgeordneten 2011 darüber hinaus mehr Mittel für Dienstreisen zur Verfügung als je zuvor. Davon seien allein 5,7 Millionen Euro für Auslandsreisen vorgesehen und damit doppelt so viel wie noch vor zwei Jahren, betonte Holznagel. Er forderte Lammert auf, der "unbändigen Reiselust" einen Riegel vorzuschieben.