Bundeskanzler wettert gegen Opposition/Tritt 2006 wieder an "Abartiges Bündnis": Schröder greift an

Brandenburg/Havel (rpo). Etliche Wahlen gilt es in diesem Jahr noch zu bestehen. Bundeskanzler Schröder, offenbar frisch aus seinem Sommerurlaub zurückgekehrt, will sich nicht kampflos in die befürchteten Niederlagen ergeben. Angesichts des Oppositions-Gebaren wegen Hartz IV werde ihm wirklich übel, geht Schröder nun in die verbale Offensive. Zudem bekräftigt er seine Kanzlerambitionen über das Jahr 2006 hinaus.

<P>Brandenburg/Havel (rpo). Etliche Wahlen gilt es in diesem Jahr noch zu bestehen. Bundeskanzler Schröder, offenbar frisch aus seinem Sommerurlaub zurückgekehrt, will sich nicht kampflos in die befürchteten Niederlagen ergeben. Angesichts des Oppositions-Gebaren wegen Hartz IV werde ihm wirklich übel, geht Schröder nun in die verbale Offensive. Zudem bekräftigt er seine Kanzlerambitionen über das Jahr 2006 hinaus.

Es ist nicht zu überhören: Die heiße Phase des Superwahljahres 2004 hat begonnen. Lange haben die Kritiker der Hartz-IV-Gesetze die Debatte bestimmt, jetzt ist der Kanzler dran. Aus dem Italien-Urlaub ist Gerhard Schröder kämpferisch gestimmt zurückgekehrt. Seit er wieder im Dienst ist, wird auf den Tisch gehauen. Denn der September mit den Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Saarland sowie der wichtigen Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen rückt näher. Die Umfragewerte der SPD aber sind noch immer schlecht.

Also hatte Schröder Mitte der Woche zunächst seinen Wirtschaftsminister Wolfgang Clement angewiesen, mit der Auszahlungslücke für das neue Arbeitslosengeld II und der Anrechnung von Kinder-Sparkonten die größten Aufreger zu kassieren. Am Wochenende nun sind die politischen Gegner dran. Wenn man die neue Volksfront aus PDS und CDU mit ihrem gnadenlosen Populismus sehe, könne einem wirklich übel werden, wettert Schröder auf dem SPD-Landesparteitag in Brandenburg an der Havel.

"Abartiges Bündnis"

Für die Hand voll Demonstranten, die ihn beim Betreten der Halle auspfeifen, oder gar für den dürren Mann im hellen Anzug, der ihm ein "Wir wollen Lafontaine"-Plakat entgegenstreckt, hat der Kanzler keinen Blick übrig. Eilends verschwindet er im Brandenburger Congress Centrum, wo er von den Delegierten zunächst mit verhaltenem Applaus begrüßt wird. Immerhin hat der allgemeine Zorn über Hartz IV sogar dazu geführt, dass die seit 14 Jahren in Potsdam regierenden Genossen in der jüngsten Umfrage hinter die PDS zurückgefallen ist. Erstmals überhaupt könnten die SED-Nachfolger in einem Bundesland stärkste Kraft werden.

Die etwa 500 Demonstranten mit PDS- und Gewerkschaftsplakaten, die vor Beginn des Parteitages gegen die Arbeitsmarktreform demonstrierten, hatte Schröder nicht zu Gesicht bekommen. Generell aber habe er durchaus Verständnis für die Sorgen der Menschen, sagt der Kanzler. Viele hofften, an den bisherigen sozialen Leistungen festhalten zu können, obwohl dies eigentlich nicht mehr gehe.

"Wenn ich über die rede, meine ich aber nicht dieses merkwürdige, um nicht zu sagen: abartige Bündnis zwischen denen in der PDS, die Ressentiments schüren, um Wählerstimmen zu kassieren, und denen in der CDU, die sich davonschleichen von dem, was sie aus eigener Hand eigentlich mit beschlossen haben - davonschleichen, um Macht erhalten zu können", bricht es plötzlich zornig aus Schröder heraus.

Einschnitte sind nötig

Schröder erinnert daran, dass die Union die aus seiner Sicht zur Erhaltung der Sozialsysteme notwendigen Einschnitte im Bundesrat an vielen Punkten verschlechtert habe. Für Kritik in vernünftigen Gesprächen sei er durchaus offen, sagt der Kanzler. "Aber es gibt auch ganz andere Gespräche mit Sozialdemokraten oder mit solchen, die sich noch dafür halten." Ein Seitenhieb auf seinen alten Widersacher Oskar Lafontaine, für den Schröder viel Beifall erhält.

Der Brandenburger Ministerpräsident Matthias Platzeck lobt später, Schröder habe erläutert, warum Reformen nötig seien und wohin sie gehen sollen. "Ich finde, dass hat er gut gemacht", sagt Platzeck, obwohl er in seiner Rede noch den Erfolg der Hartz-IV-Gesetze in Ostdeutschland bezweifelt hatte. Es gebe in den neuen Ländern trotz der Arbeitsmarktreform einfach keine Stellen, in die Arbeitslose vermittelt werden könnten, beklagte er.

Auch Schröder lobt am Ende seines Auftrittes Platzeck mit viel Pathos als "wahren Freund", der in einer schwierigen Wahlkampfsituation bestehen könne. Da erheben sich die Delegierten und feiern den Kanzler mit minutenlangem Applaus. Gerhard Schröder als mitreißender Wahlkämpfer - das ist offenbar trotz allen Reformärgers noch möglich.

Schröder will 2006 wieder antreten

Bundeskanzler Gerhard Schröder hat trotz schlechter Umfragewerte die feste Absicht, auch 2006 wieder zu kandidieren. Im ZDF-Sommerinterview am Sonntag sagte Schröder in Potsdam, er rechne dabei auch mit der Unterstützung der SPD: "Ich sehe niemanden in der SPD, der ernst zu nehmen ist, der wirklich einen Wechsel im Amt des Kanzlers will."

Schröder erinnerte daran, dass sein Mandat bis zur Bundestagswahl 2006 reiche. So lange wolle er versuchen, die Politik, die er für richtig halte, durchzusetzen.

"2006 werde ich mich zusammen mit Bundesaußenminister (Joschka) Fischer um ein neues Mandat bemühen", verkündete Schröder im ZDF. Ob er als Kanzler noch von seiner Partei getragen werden, beantwortete mit den Worten: "Ich tue meine Arbeit, und ich tue sie auch nach internationalem Urteil nicht so schlecht." Er fügte hinzu: "Ich rechne fest damit, dass meine erneute Absicht zu kandidieren, breit unterstützt wird in der SPD."

(ap)
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