Was eine geschäftsführende Regierung noch darf Ab Dienstag ist die Regierung "versteinert"

Berlin · Spätestens am Dienstag muss der neue Bundestag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammenkommen. Eine neue Regierung gibt es dann aber lange nicht nicht, also bleibt die alte "geschäftsführend" im Amt. Was darf eine solch quasi schon entlassene Regierung?

Mit der Konstituierung des neuen Bundestages am Dienstag endet offiziell die Amtszeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihren Ministern.

Das schreibt Artikel 69 des Grundgesetzes so fest. Allerdings bleibt die Regierung geschäftsführend so lange im Amt, bis ein neuer Kanzler gewählt ist - und das kann dauern, denn eine rechtliche Frist für die Neuwahl des Bundeskanzlers gibt es nicht. Theoretisch könnte sie die gesamte Legislaturperiode über im Amt bleiben.

"Auf Ersuchen des Bundespräsidenten ist der Bundeskanzler, auf Ersuchen des Bundeskanzlers oder des Bundespräsidenten ist ein Bundesminister verpflichtet, die Geschäfte bis zur Ernennung seines Nachfolgers weiterzuführen", heißt es im Grundgesetz.

Damit soll eine regierungslose Zeit verhindert werden. Gleichwohl erhält das alte Kabinett aber bereits am Dienstag von Bundespräsident Joachim Gauck die Entlassungsurkunden.

Ausnahmen aus dringenden Gründen

De facto kommt dies einer Zwangsverpflichtung der bisherigen Regierungsmitglieder gleich. Allerdings interpretieren Rechtsexperten den Passus so, dass Ausnahmen aus dringenden Gründen wie zum Beispiel einer schweren Erkrankung doch zulässig seien - nicht jedoch zum Beispiel wegen anderer Berufs- oder Karrierepläne.

Auch die Staatssekretäre bleiben so lange im Amt wie die jeweiligen Minister. Daraus ergibt sich der Sonderfall, dass es dann Parlamentarische Staatssekretäre ohne Bundestagsmandat gibt.

Die Befugnisse einer geschäftsführenden Bundesregierung entsprechen denen einer regulären Regierung: Sie kann Gesetzentwürfe beschließen und im Bundestag einbringen, theoretisch sogar einen neuen Bundeshaushalt, oder Verordnungen erlassen.

Allerdings gehen Verfassungsrechtler davon aus, dass eine solche Regierung ihr Amt mit größtmöglicher Zurückhaltung ausüben sollte. Ohnehin verfügt die amtierende schwarz-gelbe Regierung ab Dienstag nicht mehr über eine parlamentarische Mehrheit.

Da die Mitglieder einer geschäftsführenden Bundesregierung weder zurücktreten noch neue Minister berufen werden können, sprechen Juristen vom Grundsatz der "Versteinerung".

Sollten doch Regierungsmitglieder aus Gesundheitsgründen oder anderweitiger Amtsunfähigkeit ausscheiden, müssten ihre Aufgaben von anderen Ministern übernommen werden. Sollte dies die Kanzlerin betreffen, müsste der Bundespräsident für eine geschäftsführende Vertretung sorgen. Im Regelfall dürfte er den Vizekanzler damit beauftragen.

Vetrauensfrage nicht mehr möglich

Nicht mehr möglich sind nach gängiger Rechtsauffassung nach der Konstituierung des Bundestages das Stellen der Vertrauensfrage durch die Kanzlerin oder ein konstruktives Misstrauensvotum durch das Parlament, denn die geschäftsführende Bundesregierung hat ohnehin nie das Vertrauen der Abgeordneten erhalten.

Die einzige Möglichkeit zu einer vorzeitigen Auflösung des Bundestages besteht damit in dieser Übergangszeit darin, dass bei einer Kanzlerwahl auch im dritten Wahlgang kein Bewerber die absolute Mehrheit erhält und der Bundespräsident keinen Bewerber mit einfacher Mehrheit zum Regierungschef ernennt.

Die bisherige Regierung bliebe aber auch dann über die Neuwahlen hinaus weiter geschäftsführend im Amt.

(AFP)
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