Schröder legt Pläne zur Familienpflegezeit vor 75 Prozent Gehalt bei 50 Prozent Arbeit

Berlin (RPO). Angesichts der stark steigenden Zahl alter Menschen drückt Bundesfamilienministerin Kristina Schröder bei der Einführung einer Familienpflegezeit aufs Tempo. Bis zum Herbst solle ein entsprechender Gesetzentwurf kommen, kündigte die CDU-Politikerin am Donnerstag in Berlin an.

Kristina Schröder - die frühere Familienministerin
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Geplant ist, Arbeitnehmern künftig den Spagat zwischen Job und Pflege zu erleichtern. So sollen sie vor allzu hohen Gehaltsverlusten bewahrt werden, wenn sie wegen der Pflege Angehöriger eine Auszeit vom Job nehmen.

Arbeitgeber und auch der Koalitionspartner FDP ließen aber kaum ein gutes Haar an dem Konzept und bezeichneten es als praxisfern. Schröders Plänen zufolge sollen Berufstätige ihre Arbeitszeit über einen Zeitraum von maximal zwei Jahren auf bis zu 50 Prozent reduzieren können, aber 75 Prozent ihres Gehalts beziehen. Zum Ausgleich müssten sie später wieder voll arbeiten, bekämen aber in diesem Fall weiter nur 75 Prozent des Gehalts, und zwar so lange, bis das Zeitkonto wieder ausgeglichen ist.

Schröder fügte hinzu, Arbeitnehmer könnten bereits vor einer möglichen Pflegebedürftigkeit in der Familie Zeit für die Pflegephase auf einem sogenannten Wertkonto ansparen. Dies werde dann mit der Lohnfortzahlung in der Pflegephase verrechnet.

Reiche das Guthaben auf diesem Konto nicht aus, um die Pflegephase zu überbrücken, leiste der Arbeitgeber eine Lohnvorauszahlung. Kleinere und mittlere Unternehmen bis zu 250 Arbeitnehmern, die dazu nicht die nötige Liquidität hatten, bekämen dafür einen zinslosen Kredit der KfW.

Zwei Drittel wollen Angehörige zu Hause pflegen

Bisher können Arbeitnehmer für die häusliche Pflege für ein halbes Jahr aus dem Beruf aussteigen. Aber diese Freistellung ist unbezahlt. In Deutschland beziehen den Angaben zufolge derzeit 2,25 Millionen Menschen Leistungen aus der Pflegeversicherung, mehr als 1,5 Millionen werden zu Hause durch Angehörige und ambulante Dienste versorgt. 2050 soll es Prognosen zufolge bereits rund 4,3 Millionen Pflegebedürftige geben.

Auch knapp zwei Drittel der Berufstätigen (65 Prozent) wollten ihre Angehörigen gerne zu Hause pflegen, sagte Schröder. Sie stießen aber häufig noch auf große Schwierigkeiten: Einer Allensbach-Studie zufolge hätten 79 Prozent erklärt, Beruf und Pflege lasse sich nicht gut vereinbaren.

Praxis- und realitätsfern

Kritik an dem Modell kam nicht nur von der Opposition, sondern auch vom Koalitionspartner und den Arbeitgebern. Die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion Miriam Gruss sagte, Pflege sei immer individuell und der Zeitraum schwer planbar. Daher stehe man dem geplanten Rechtsanspruch für die Pflegezeit von maximal zwei Jahren skeptisch gegenüber.

Die Arbeitgeber bezeichneten den Vorschlag als nicht praxistauglich. Belastet würden insbesondere kleine und mittlere Unternehmen mit zusätzlichen bürokratischen und organisatorischen Auflagen, monierte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt im "Handelsblatt" (Freitagausgabe). Um in Zeiten des demografischen Wandels Familie und Beruf besser vereinbaren zu können, "sind passgenaue und individuelle Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur Pflege von Angehörigen besser".

Der Paritätische Wohlfahrtsverband erklärte, der vorliegende Vorschlag gehe vollständig zu Lasten der pflegenden Angehörigen. Es sei nicht einsehbar, wieso diese deutlich schlechter gestellt würden als Erziehende in der Elternzeit. Die Linke bezeichnete die Vorschläge als nicht realitätsnah.

(apd/nbe)
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