Neue Zahlen der Bundesregierung 60 Prozent der Beschäftigten im Einzelhandel arbeiten nur Teilzeit

Die Linke fordert eine Mindest-Wochenarbeitszeit von 22 Stunden, damit Teilzeitbeschäftigte im Einzelhandel mehr Geld verdienen können. Viele Arbeitnehmer sind auf Zweit- oder Drittjobs angewiesen – gerade in der Pandemie ist das eine große Belastung.

 Lebensmitteleinzelhandel in Leipzig: Viele Bschäftigte haben nur Teilzeitjobs.

Lebensmitteleinzelhandel in Leipzig: Viele Bschäftigte haben nur Teilzeitjobs.

Foto: dpa/Jan Woitas

Im Einzelhandel werden Vollzeitjobs zunehmend durch Teilzeitbeschäftigung verdrängt. Waren im Jahr 2000 noch 48,8 Prozent der Beschäftigten in Teilzeit tätig, arbeiteten 2019 bereits 60,3 Prozent der Einzelhandelsbeschäftigten nur in Teilzeitjobs. Das geht aus der Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine schriftliche Frage der Linken-Fraktion hervor. Teilzeitbeschäftigt waren demnah gut 1,8 Millionen der nsgesamt drei Millionen Angestellten im Einzelhandel. Eingerechnet sind sowohl sozialversicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigte als auch ausschließlich geringfügig in Teilzeit Beschäftigte.

Branchenkenner erklären den ungebremsten Trend zur Teilzeitbeschäftigung vor allem mit dem Schichtsystem im Einzelhandel. Teilzeitbeschäftigte können zeitlich flexibler eingesetzt werden als Vollzeitkräfte. Oft würden deshalb auch nur noch Teilzeitjobs angeboten. Dies zwingt viele Arbeitnehmer, mehrere Jobs nebeneinander anzunehmen. In der Corona-Krise führt dies vor allem im Lebensmitteleinzelhandel zu noch größeren Belastungen für Arbeitnehmer.

Auch in der Gesamtwirtschaft hat der Teilzeitanteil zugenommen, jedoch auf deutlich niedrigerem Ni-veau. Er stieg von 27,4 Prozent im Jahr 2000 auf 37,5 Prozent 2019, wie aus den Zahlen hervorgeht. Im Einzelhandel ist der Teilzeitanteil damit um mehr als 20 Prozentpunkte höher. Die Anfrage ergab auch, dass die Zahl der Beschäftigten im Einzelhandel seit 2005 steigt. Der Zuwachs bei den Teilzeitbeschäftigten fällt jedoch wesentlich stärker aus als bei Vollzeitbeschäftigten.

„Der Einzelhandel wird durch die Pandemie hart getroffen. Es steht zu befürchten, dass die Beschäftigten die Folgen ausbaden müssen“, sagte Linken-Politikerin Sabine Zimmermann. Viele arbeiteten unfreiwillig in Teilzeit. „Wer in Teilzeit arbeitet, hat weniger Einkommen – meist auch pro Arbeitsstunde – und muss oft sogar Zweit- und Drittjobs annehmen. Es braucht deshalb ein Recht auf eine Mindest-Wochenarbeitszeit von 22 Stunden“, forderte sie. Arbeitnehmer hätten zudem ein Recht auf planbare Arbeitszeiten. In der Praxis werde dieses Recht ständig unterlaufen. Zudem sei die Tarifbindung im Einzelhandel massiv zurückge-gangen.

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