Gerechtes Europa war Thema der DGB-Maifeier 500.000 Menschen bei Kundgebungen dabei

Berlin (rpo). Die Forderung nach einem sozialen und freien Europa stand im Mittelpunkt der traditionellen Mai-Kundgebungen des Deutschen Gewerkschaftsbunds am Samstag. Die Gewerkschaften haben am Tag der EU-Erweiterung nachdrücklich vor einem Lohnsenkungswettlauf und Steuerdumping in Europa gewarnt.

DGB-Chef Michael Sommer bezeichnete es auf der zentralen Mai-Kundgebung in Berlin als "mieses Spiel", wenn Großkonzerne die EU-Erweiterung als "Allzweckwaffe gegen Sozialstaatlichkeit und anständige Arbeitsbedingungen" einsetzten. Scharf griff Sommer auch die Bundesregierung an. Deren Agenda 2010 sei zum Synonym für den Gang in die "Zwei-Drittel-Gesellschaft" geworden. Bundesweit gingen nach DGB-Angaben mehr als 500 000 Menschen auf die Straße.

Die Kundgebungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes standen in diesem Jahr unter dem Motto "Unser Europa - frei, gleich, gerecht". DGB-Chef Sommer betonte: "Wir wollen kein Europa, in dem man drei Jobs braucht, um einigermaßen anständig über die Runden zu kommen." Ver.di-Chef Frank Bsirske warnte in Leipzig vor einem Lohnsenkungswettlauf und forderte einen gesetzlichen Mindestlohn. Die EU-Erweiterung dürfe nicht dazu führen, dass "europaweit die Löhne runter gehen", mahnte Bsirske.

IG-Metall-Vize Berthold Huber wandte sich in Ingolstadt gegen einen "blindwütigen Verlagerungstourismus". Die Gewerkschaften seien aber "keine Standort-Nationalisten", stellte Huber klar. Der Chef der Transportgewerkschaft Transnet, Norbert Hansen, kritisierte die Abwanderungsdrohungen von Siemens. "Unternehmen wie Siemens gehören an den gesellschaftlichen Pranger", sagte Hansen in Bremen.

DGB-Vizechefin Ursula Engelen-Kefer verlangte in Regensburg, dem Steuerdumping in der erweiterten Union einen Riegel vorzuschieben. Es könne nicht sein, dass die neuen EU-Staaten Firmen mit niedrigen Steuergeldern anlockten, die mit EU-Geldern subventioniert seien.

DGB-Chef Sommer kündigte zugleich weitere Proteste der Gewerkschaften gegen die Regierungspolitik an. Rot-Grün ignoriere die Massenproteste vom 3. April. "Wir werden nicht Ruhe geben, bis sie endlich zur Besinnung kommt", sagte der DGB-Chef. Die Gewerkschaften kämpften gegen Niedriglöhne, Arbeitszeitverlängerungen zum Nulltarif und Zumutbarkeitsregeln, die nur eine Aufforderung zum Lohndumping seien.

Die IG Metall wolle mit einer bundesweiten Unterschriftenaktion ihren Druck für Kurskorrekturen erhöhen, kündigte Gewerkschaftschef Jürgen Peters in Mannheim an. "Eine andere, bessere Politik ist unverzichtbar und machbar", begründete Peters das Arbeitnehmer-Begehren. Eindringlich warnten Peters und Sommer auch vor einer Erhöhung der Wochenarbeitszeiten. "Welch ein Irrsinn bei vier Millionen Arbeitslosen", sagte Peters.

Unterdessen griff die FDP die Gewerkschaften scharf an. FDP-Chef Guido Westerwelle forderte auf einer Mai-Veranstaltung der Liberalen in Berlin eine Abschaffung der paritätischen Mitbestimmung in Konzernen und eine "Entmachtung" von Gewerkschaftsfunktionären. FDP-Vize Walter Döring verlangte eine Abschaffung des 1. Mai als Feiertag. CSU-Vize Horst Seehofer hingegen betonte, Deutschland brauche starke Arbeitnehmervertretungen. Allerdings müssten diese flexibler werden, sagte der Chef des CSU-Arbeitnehmerflügels.

Sommer wies die Angriffe der FDP zurück und bezeichnete jene, die eine Abschaffung des Feiertages forderten, als "Politclowns". "Dieser Tag ist hart erkämpft. Wir lassen ihn uns von niemandem rauben", sagte Sommer.

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