Historischer Montag bei der Bundeswehr 3419 Freiwillige und ein neuer Slogan

Berlin (RPO). Zeitenwende bei der Bundeswehr. Am Montag rückten nach dem Ende der Wehrpflicht nach 54 Jahren bundesweit die ersten 3419 freiwillig Wehrdienstleistenden in die Kasernen ein. Auch der Slogan der Truppe ist neu. Mit dem Werbespruch "Wir. Dienen. Deutschland." soll das Interesse an der Truppe gesteigert werden. Experten haben Zweifel.

2011: Zeitenwende bei der Bundeswehr
11 Bilder

2011: Zeitenwende bei der Bundeswehr

11 Bilder
Foto: dapd

Mit einem "Herzlich Willkommen" begrüßte Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) in der Berliner Julius-Leber-Kaserne die neuen Rekruten, die sich durchschnittlich für 15 Monate verpflichtet haben. Zuletzt lag der Wehrdienst bei nur noch sechs Monaten. Unter den neuen freiwillig Wehrdienstleistenden sind 44 Frauen.

Zeitenwende

"Am Freitag hat die Bundeswehr aufgehört zu existieren als Wehrpflichtarmee", erinnerte der Minister. Mehr als 8,4 Millionen Deutsche hätten in den vergangenen Jahrzehnten ihren Wehrdienst abgeleistet. Nun beginne für die Bundeswehr eine neue Phase. Nach der Wehrpflichtarmee komme nun eine Freiwilligenarmee.

Ausdrücklich trat der Verteidigungsminister Befürchtungen entgegen, dass mit dem Umbau der Bundeswehr die enge Verbindung zur Gesellschaft verloren gehen könne. "Die Befürchtung habe ich nicht, dass die Bundeswehr nicht in der Mitte der Gesellschaft verankert bleibt", sagte der Minister. Aber dieses Verhältnis sei zweiseitig. Auch die Gesellschaft müsse die Bundeswehr, die ihre Hand ausstrecke, als einen Teil von sich akzeptieren.

"Wir. Dienen. Deutschland."

Der neue Werbeslogan der Bundeswehr "Wir. Dienen. Deutschland." ist bei Marketingexperten indes umstritten. Er löst den bisherigen Spruch "Eine starke Truppe" ab. Der Minister hatte den neuen Slogan am Montag vorgestellt. Laut de Maizière finden mehr als zwei Drittel der befragten Bundeswehrangehörigen die neue "Kernbotschaft" der Streitkräfte gut. Zugleich mahnte de Maizière mit Blick auf eine gesellschaftliche Akzeptanz: "Dienen verdient Anerkennung."

Experten sind kritischer. Gerade das Wort "Dienen" sei in Deutschland häufig nicht positiv besetzt, sagte die Marketing-Juniorprofessorin an der Freien Universität Berlin Doreén Pick. "Der Slogan appelliert an Werte wie Verbundenheit mit dem Land und eine persönliche Aufgabe beziehungsweise Verantwortung für Deutschland. Beides spielt heute im Bewusstsein der Menschen eine geringere Rolle."

"Ein bisschen Pathos nicht falsch"

Demgegenüber findet der Marketingexperte Christof Fischoeder von der Kommunikationsberatung Deekeling Identity & Change in Berlin den neuen Bundeswehr-Slogan "passend und tatsächlich angemessen". Die Bundeswehr drücke damit ihr "positives Selbstverständnis aus". Im Übrigen sei es nicht falsch, auch "ein bisschen Pathos" hineinzubringen.

De Maizière betonte, genau um diese beiden Seiten von gelebter Kameradschaft und höchster Einsatzbereitschaft des Einzelnen - bis hin zum Einsatz des eigenen Lebens - gehe es auch in der neuen Kernbotschaft der Bundeswehr.

Ärger über EDA-Studie

Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch, rief unterdessen dazu auf, bei der Nachwuchsgewinnung auch klar auf die Gefahren der Arbeit aufmerksam machen. Man dürfe nicht nur "die schönen Seiten des Soldatenberufs" zeigen, sondern müsse auch die Gefahren verdeutlichen, sagte Kirsch im Deutschlandfunk. Denn an die Soldaten würden hohe Anforderungen gestellt: Sie müssten in schwierigen Lagen und Einsatzgebieten richtig reagieren.

Überschattet wurde der Wehrpflicht-Wechsel von einer Studie der Europäischen Verteidigungsagentur EDA, wonach die Bundeswehr die ineffizienteste Armee der westlichen Allianz sei. Das hatte die "Wirtschaftswoche" berichtet. Sowohl der Verteidigungsminister als auch Wehrexperten des Parlaments bezweifelten indes den Vergleich. "Es überrascht der Tenor nicht, das Ergebnis der Studie ist aber falsch", sagte de Maizière unter Verweis auch auf den gerade begonnen Umbau der deutschen Streitkräfte.

Ehrgeizige Ziele

Die Aussetzung der Wehrpflicht zum 1. Juli gehörte zur Reform der Bundeswehr, die in den kommenden Jahren von derzeit rund 230.000 auf bis zu 185.000 Soldaten verkleinert wird. Geplant sind 170.000 Zeit- und Berufssoldaten. Hinzu kommen sollen zwischen 5000 und 15.000 Freiwillige, die sich zwischen sieben und 23 Monaten verpflichten können.

(apd/felt/csi)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort