Kritik an Schwarz-Gelb "2009 war ein schlechtes Jahr für Arme"

Bonn (RPO). Wohlfahrtsverbände und Gewerkschaften sehen eine miserable Bilanz der vor fünf Jahren in Kraft getretenen Arbeitsmarktreform Hartz IV. Zugleich warfen sie der Bundesregierung mangelnden Einsatz bei der Armutsbekämpfung vor. Der frühere SPD-Minister Wolfgang Clement verteidigte hingegen das Projekt.

Hartz-IV-Urteile des Bundessozialgerichts
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Foto: ddp

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Ulrich Schneider, sagte am Samstag auf NDR Info, Hartz IV habe viele Menschen in die Armut getrieben. Seit Abschaffung der Arbeitslosenhilfe im Zuge der Reform sei die Zahl der Menschen, die auf Sozialhilfeniveau leben, von etwa drei auf etwa sieben Millionen gestiegen. "Die Betroffenen leben auf einem finanziellen Niveau, mit dem man absolut nicht über die Runden kommen kann. Hartz IV heißt, gesellschaftlich abgemeldet zu sein."

DGB: Hartz-IV-Projekt ist gescheitert

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) bezeichnete das Hartz-IV-Projekt als gescheitert. Weder seien durch die Reform mehr Arbeitslose in Beschäftigung gekommen, noch seien sie besser betreut worden, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach "Welt Online". "Leiharbeit, Hartz IV und die Angst vor dem sozialen Abstieg wird bis heute dazu missbraucht, um die Beschäftigten zu Lohneinbußen zu drängen und ihnen schlechtere Arbeitsbedingungen aufzuzwängen."

Keine "strategische Armutsbekämpfung"

Die Nationale Armutskonferenz (NAK) forderte, die Zahl der Armen und Niedriglohnempfänger dürfe nicht weiter steigen. In dieser Hinsicht sei 2009 ein "schlechtes Jahr gewesen", erklärte NAK-Sprecher Wolfgang Gern im SWR. Die schwarz-gelbe Bundesregierung plane offenbar keine "strategische Armutsbekämpfung". Der Sozialstaat sei kein "Anhängsel der Marktwirtschaft, sondern eine kulturelle Errungenschaft". Gern unterstütze Ideen für eine neue Kindergrundsicherung und eine "Steuer gegen Armut".

Clement: Hartz IV ist "durchweg positiv"

Dagegen rechtfertigte der frühere Superminister für Arbeit und Soziales, Wolfgang Clement, die Hartz-IV-Reform als "durchweg positiv". Unter dem ehemaligen SPD-Politiker waren Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammengelegt worden. Die Maßnahme sei aus Finanzierungsgründen "dringend notwendig" gewesen, habe den Arbeitsmarkt flexibler gemacht und stabilisiert, sagte Clement "Welt Online". Damit stehe Deutschland in der gegenwärtigen Krise international gut da. Er räumte ein, die Reform habe zu größeren Herausforderungen für Arbeitsuchende geführt, warnte aber davor, die Hartz-IV-Regelungen zu verwässern.

(KNA/tim)
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