Kinderpornoprozess 15 Monate auf Bewährung für Ex-SPD-Politiker Tauss

Karlsruhe (RPO). Das Landgericht Karlsruhe hat den früheren SPD-Politiker Jörg Tauss wegen des Besitzes von Kinderpornografie zu einer Haftstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung verurteilt. Das Gericht sprach den früheren Bundestagsabgeordneten am Freitag des Besitzes, der Beschaffung und der Verbreitung von Kinderpornografie schuldig

Das ist Jörg Tauss
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Tauss war medienpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Er hatte stets beteuert, mit den Aufnahmen wegen seiner Abgeordnetentätigkeit gearbeitet zu haben.

Rund 260 derartige Bilder und rund 40 solcher Videoclips waren auf dem Handy von Tauss gefunden worden. Fünf Bilder und ein Video hatte er per Mobiltelefon weiterverschickt. Außerdem wurden bei der Durchsuchung seiner Berliner Abgeordnetenwohnung am 5. März 2009 drei derartige DVDs mit insgesamt 10 Videodateien sichergestellt, auf denen stundenlange Kinderpornos zu sehen sind.

Der Angeklagte habe rein "aus privatem Interesse recherchiert" und nicht in seiner Funktion als Abgeordneter, sagte der Vorsitzende Richter Udo Scholl in seiner Urteilsbegründung und widersprach damit den Angaben von Tauss. Der Angeklagte habe gewusst, "dass das, was er tat, verboten war". Die Kammer gehe aber nicht zwingend davon aus, dass Tauss sich habe sexuell erregen wollen. Auch "schlichte Neugierde" komme als Grund für die Taten in Frage. Scholl legte zugleich dar, dass Tauss auch in seiner Funktion als Abgeordneter das Material nicht hätte beschaffen und besitzen dürfen. "Ein Abgeordneter ist eben kein Polizeibeamter, der Verbrechen aufklären soll und darf", betonte der Vorsitzende Richter.

Mit dem Urteil entsprach das Gericht der Forderung der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Tauss sagte nach dem Urteil, er erwäge Rechtsmittel gegen das Urteil.

Tauss hatte versichert, er habe dienstlich in der Kinderporno-Szene recherchiert, um nachzuweisen, dass sich die Vertriebswege für Kinderpornos inzwischen vom Internet auf Mobiltelefone verlagert hätten. Tauss sei "im Sinne der Anklage nicht schuldig", hatte Rechtsanwalt Jan Mönikes in seinem Plädoyer gesagt. Tauss sei als Abgeordneter für das Thema Kinderpornografie zuständig gewesen.

Die Staatsanwaltschaft argumentierte jedoch, Tauss stehe "nicht als Abgeordneter vor Gericht, sondern als Privatmann". Sie warf dem Angeklagten vor, er habe sich das kinder- und jugendpornografische Material verschafft, "um es privat zu nutzen und sich daran sexuell zu erregen".

Der Bundestag hatte am 8. September 2009 die Immunität des SPD-Abgeordneten aus dem Wahlkreis Karlsruhe-Land aufgehoben und damit den Weg zur Anklage freigemacht. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe war Tauss als medienpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion und als Generalsekretär der SPD Baden-Württemberg zurückgetreten und zur Piratenpartei gewechselt.

(AFP/awei/apn)
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