Berlin Deutschland wird mehr in den EU-Topf zahlen müssen

Berlin · Großbritannien ist zwar die zweitgrößte Volkswirtschaft der Europäischen Union (EU), doch zahlt es wegen des berühmten Briten-Rabatts netto nur rund fünf Milliarden Euro in den EU-Haushalt ein. Deutschland als größte Volkswirtschaft steuert dagegen mit fast 16 Milliarden Euro jährlich mehr als das Dreifache bei. Wenn das Vereinigte Königreich nicht mehr EU-Mitglied ist, fällt auch ein Netto-Empfänger weg, denn nach Großbritannien flossen hohe Milliardenbeträge aus der EU-Kasse zurück. Unterm Strich jedoch wird es für die übrigen 27 EU-Staaten aber teurer. Deutschland wird nach Schätzungen mindestens rund eine Milliarde Euro jährlich mehr in den EU-Topf zahlen müssen als bisher.

Die frühere Premierministerin Margaret Thatcher ("Ich will mein Geld zurück") hatte den Briten-Rabatt 1984 durchgesetzt. Damals zog das Argument, dass es der britischen Wirtschaft schlechter ging als etwa Frankreich oder Deutschland und die Sonderbehandlung deshalb gerechtfertigt sei. Doch in den vergangenen Jahrzehnten entwickelte sich die britische Wirtschaft deutlich besser. Heute liegt das Pro-Kopf-Einkommen auf der Insel höher als das deutsche. Dennoch wagten es die übrigen EU-Länder nicht, Großbritannien seinen Rabatt wieder wegzunehmen. Dadurch spart das Königreich pro Jahr etwa sieben Milliarden Euro, die es ohne den Rabatt in den EU-Topf hätte zahlen müssen. Großbritannien brachte der Rabatt über die Jahre bis heute eine Gesamtersparnis von über 115 Milliarden Euro ein.

Dennoch gelang es den Brexit-Befürwortern während ihrer Kampagne, den Briten zu suggerieren, sie zahlten viel zu viel für die EU. Sie behaupteten, Großbritannien überweise wöchentlich 350 Millionen Pfund oder 445 Millionen Euro an die EU, die besser ins britische Gesundheitssystem fließen sollten.

Das war allerdings mindestens irreführend, denn dabei handelte es sich um eine Brutto-Angabe. Tatsächlich liegt der britische Brutto-Beitrag zwar bei jährlich 13 Milliarden Euro oder rund 350 Millionen Pfund pro Woche. Da es aber erhebliche Rückflüsse nach Großbritannien und eben den Rabatt gibt, zahlt das Königreich netto nur fünf Milliarden Euro - oder wöchentlich etwa 100 Millionen. EU-Beiträge werden ohnehin nicht wöchentlich, sondern jährlich abgerechnet.

(mar)
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