Brüssel Deutsches Visum ohne Deutschkenntnis?

Brüssel · Der EU-Gerichtshof dürfte bald den Nachzug türkischer Ehepartner erleichtern.

Der Nachzug türkischer Ehegatten in die Bundesrepublik könnte bald leichter werden. Nach Auffassung des Generalanwalts am Europäischen Gerichtshof (EuGH), Paolo Mengozzi, darf die Erteilung eines Visums nicht von Deutschkenntnissen abhängig gemacht werden, weil dies gegen EU-Recht verstößt. Ein Urteil wird erst in einigen Monaten erwartet. In der Regel folgen die Richter allerdings den Empfehlungen des Generalanwalts.

Sollte das so kommen, könnte die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einleiten - und die Bundesregierung gezwungen sein, ihre Regeln zu ändern. Seit 2007 müssen Ehegatten in Deutschland arbeitender Ausländer sich auch in deutscher Sprache verständigen können, um ebenfalls in die Bundesrepublik ziehen zu dürfen.

Im konkreten Fall geht es um die Klage einer Türkin, die nicht bei ihrem Mann leben darf, der seit 1998 in Deutschland wohnt. Er betreibt eine eigene Firma und besitzt eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Das Ehepaar hat vier Kinder und hat sowohl vor einem Imam als auch standesamtlich geheiratet. Die deutsche Botschaft in Ankara lehnt aber bisher die Erteilung eines Visums für den Ehegattennachzug ab, da die Frau Analphabetin ist - und damit nicht über die erforderlichen Sprachkenntnisse verfügt.

Das Verwaltungsgericht Berlin hatte sich an den EuGH gewandt, um zu klären, ob die Spracherfordernis mit EU-Recht vereinbar ist. Der Generalanwalt verneint das klar. Für ihn verstößt Deutschland gegen die "Stillhalteklausel" aus dem Assoziierungsabkommen zwischen EU und Türkei. Diese verbietet die Einführung neuer Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit. Als solche wertet Mengozzi aber die deutschen Regeln, weil die geforderten Deutschkenntnisse den Ehegattennachzug erschweren.

(RP)
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