Bundeswehr-Einsatz und Entwicklungshilfe Bittere Afghanistan-Bilanz

Meinung | Düsseldorf · 17,3 Milliarden Euro hat der deutsche Einsatz von Soldaten und Entwicklungshelfern in Afghanistan gekostet. Verlorenes Geld angesichts des desaströsen Endes der Mission. Daraus muss Deutschland lernen. Etwa in Sachen Ehrlichkeit.

 Bundeswehr-Brigadegeneral Jens Arlt und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) am Ende des Afghanistaneinsatzes.

Bundeswehr-Brigadegeneral Jens Arlt und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) am Ende des Afghanistaneinsatzes.

Foto: dpa/Daniel Reinhardt

  59 deutsche Soldaten kamen in Afghanistan ums Leben. Sie gehören an erster Stelle genannt. Doch nun gibt es auch eine finanzielle Betrachtung des Engagements am Hindukusch: 20 Jahre Einsatz deutscher Soldaten und Entwicklungshelfer in Afghanistan haben den  Steuerzahler mehr als 17,3 Milliarden Euro gekostet. Diese Zahl hat die Bundesregierung jetzt auf Nachfrage der FDP-Bundestagsfraktion bekanntgegeben. Dabei entfällt der weitaus größte Anteil von rund 12,3 Milliarden auf den Militäreinsatz. Das Entwicklungsministerium stellte in den vergangenen zwei Jahrzehnten rund 2,46 Milliarden Euro in Afghanistan zur Verfügung. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gab in dieser Zeit 33 Millionen Euro aus. Der Rest sind gesonderte Ausgaben des Auswärtigen Amtes.

Diese Zahlen öffentlich zu machen, ist wichtig. Denn sie führen noch einmal unmissverständlich vor Augen, was bei diesem Einsatz schief gelaufen ist. Es geht ja nicht allein um „das viele Geld“, das nach dem desaströsen Ende der Mission anscheinend sinnlos ausgegeben wurde. Bedenklich ist die offensichtliche Ziellosigkeit, mit der das geschehen ist. Nach dem Desaster in Afghanistan war vielfach zu hören, die Idee, westliche Werte und Demokratie in andere Länder exportieren zu wollen, habe sich erledigt. Tatsächlich kann Demokratieaufbau ohne gewaltige Anstrengungen zum Aufbau einer Zivilgesellschaft, ohne Korruptionsbekämpfung und die Errichtung von Rechtsstaatlichkeit nicht funktionieren. Doch in der Verteilung des Etats für den Afghanistan-Einsatz spiegelt sich diese Einsicht nicht wider. Genauso wenig im sehr viel größeren Budget der USA. Die Amerikaner haben den Löwenanteil von 837 Milliarden US-Dollar   für den Krieg ausgegeben, 133 Milliarden werden als Aufbaukosten bilanziert. Wenn also Nation Building, Wertewandel und Demokratieaufbau tatsächlich das Ziel gewesen wären, hätte man schon seit Jahren sehen können, dass dann die falschen Mittel angewandt wurden.

Allerdings hat die  Ausrichtung des Afghanistan-Einsatzes und sein tatsächlicher Verlauf in den vergangenen 20 Jahren  wenig interessiert. Genau wie das Interesse am Sinn des deutschen Einsatzes in Mali schon wieder weitgehend verschwunden ist. Während sich das Rad an der Kostenuhr auch für diesen Einsatz täglich weiter dreht.

Interessenpolitik mit militärischen Mitteln kostet Geld. Ein verlässlicher Bündnispartner zu sein, kostet Geld.  Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif. Darüber wird in Deutschland zu wenig gesprochen. Darum werden auch die eigentlichen Ziele von Einsätzen kaum ehrlich diskutiert. Viele Jahre herrschte doch der Eindruck vor, Bundeswehreinsätze seien Entwicklungshilfe mit etwas härteren Mitteln. Die finanzielle Bilanz des Afghanistan-Einsatzes zeigt, wo die Schwerpunkte tatsächlich lagen. Das muss die Öffentlichkeit  bei künftigen Einsätzen früher interessieren.

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