Berlin Deutsche müssen länger arbeiten

Berlin · Das Gesetz zur Rente ab 67 konnte den Trend nicht stoppen: Die Bezugsdauer der Rente steigt schneller als das Eintrittsalter. Das belastet die Kassen und lässt das Rentenniveau sinken.

Wenn das Renteneintrittsalter im gleichen Tempo weiter steigt wie in den vergangenen Jahren, werden die Menschen 2030 im Schnitt mit 65 Jahren in Rente gehen. Dabei sollte 2030 der schrittweise Anstieg des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre vollendet sein. Diese Vorhersage geht auf eine Studie des Prognos-Instituts im Auftrag des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zurück.

Die Ökonomen verweisen darauf, dass die Lebenserwartung immer noch schneller steigt als das Renteneintrittsalter. 1970 ging ein Arbeitnehmer im Durchschnitt mit etwas über 65 Jahren in Rente und hatte dann noch knapp zwölf Jahre zu leben. Heute geht der männliche Arbeitnehmer mit rund 64 Jahren in Rente und darf sich auf mehr als weitere 17 Jahre Lebenszeit freuen.

In den vergangenen Jahren hat sich nach Angaben der Rentenversicherung allerdings schon viel bewegt für eine längere Lebensarbeitszeit. "Die Einführung der Rente mit 67, aber etwa auch das Auslaufen der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und nach Altersteilzeitarbeit sowie der Frauenrente haben dazu geführt, dass das tatsächliche Renteneintrittsalter in den letzten Jahren deutlich angestiegen ist", hieß es. Das durchschnittliche Zugangsalter sei seit 2000 von damals 62,3 Jahren auf aktuell 64,1 Jahre gestiegen.

Nach dem Prognos-Szenario, wonach das Renteneintrittsalter bis 2030 dennoch bei nur 65 Jahren liegen könnte, wären Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Steuerzahler erheblich stärker belastet, während das Rentenniveau weiter sinken muss. So müsste der Beitragssatz zur Rentenversicherung von heute 18,7 auf dann 23,7 Prozent steigen. Ein Arbeitnehmer mit 3000 Euro brutto monatlich müsste 75 Euro mehr an Beiträgen zahlen.

Der aus Steuermitteln finanzierte Zuschuss des Bundes läge im Jahr 2040 um 55 Milliarden Euro höher als heute. Das Rentenniveau fiele von heute 48,1 Prozent auf dann nur noch 41,7 Prozent im Jahr 2030. Damit schätzen die Prognos-Fachleute die Lage etwas schlechter ein als der Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung. Anders gesagt: Wenn die Deutschen im Alter auskömmlich leben wollen, werden sie länger arbeiten müssen.

Positiver wäre die Lage der Studie zufolge, wenn die Bürger im Jahr 2030 tatsächlich erst mit 67 Jahren in Rente gingen, wie es das Gesetz vorsieht. Der Beitragssatz müsste dann nur auf 21 Prozent ansteigen, während das Rentenniveau immerhin noch bei 42,8 Prozent läge.

Aus Sicht der Versicherungswirtschaft gibt es für die Politik dringenden Handlungsbedarf. "Bisher wird nur bis zum Jahr 2030 gerechnet", kritisierte GDV-Präsident Alexander Erdland. Dabei gingen zwischen 2025 und 2035 die Babyboomer-Jahrgänge in den Ruhestand.

Der Chef der Unions-Mittelstandsvereinigung, Carsten Linnemann (CDU), verwies auf die geplante Flexi-Rente ab 2017, die Anreize setzen soll, über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus erwerbstätig zu bleiben. Linnemann sagte: "Zum ersten Mal gibt es das Signal, dass die Rente nicht der Eintritt in den Ruhestand ist, sondern der Eintritt in die Wahlfreiheit, flexibel im Erwerbsleben zu bleiben."

(qua)
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