Deutsche Luftwaffe fliegt jetzt ohne Piloten

Masar-i-Sharif/Bonn Das erste unbemannte Flugzeug der deutschen Luftwaffe hat seine Bewährungsprobe bestanden: Mehr als 4000 Flugstunden haben die insgesamt drei "Heron 1" in Afghanistan absolviert. Die deutschen Soldaten wollen inzwischen auf die "fliegenden Augen" nicht mehr verzichten.

Jahrelang ziehen sich manche Beschaffungsvorhaben für die Bundeswehr hin. Es geht auch anders: "Nur knapp fünf Monate nach Abschluss des Leasingvertrages war die Aufklärungsdrohne bereits im Einsatzgebiet", berichtete Jürgen Michel von Rheinmetall Defence bei der Vorstellung des deutsch-israelischen Projekts in Bonn. Prompt hatte es beim ersten Probeflug vor einem Jahr eine schwere Panne gegeben: Die Verbindung zur "Heron" (Englisch für Reiher) riss unmittelbar nach der Landung in Masar-i-Sharif ab; die Drohne rollte in ein Transall-Transportflugzeug. Binnen vier Wochen beschaffte Rheinmetall über seinen Partner Israel Aerospace Industries (IAI) ein Ersatzflugzeug, seitdem läuft der Betrieb reibungslos.

"Es fehlen typische Eindrücke wie Fluglage oder Vibration", sagt der Koblenzer Dirk Farsch, der die Heron vom Boden aus steuert. "Aber dafür kann ich zum Beispiel mit der Infrarot-Kamera durch die Wolken schauen oder mal eben einen Techniker rufen, wenn es größere Probleme gibt." Farsch ist ausgebildeter Berufspilot und fliegt normalerweise Learjet-Ambulanzflugzeuge. Er teilt sich die Aufgabe in Afghanistan mit drei weiteren Rheinmetall-Mitarbeitern. Die früheren Phantom-Piloten der Luftwaffe seien zunächst frustriert gewesen über ihren glanzlosen Computer-Arbeitsplatz in einem Container. Doch das habe sich schnell geändert, nachdem sie mehrfach die Soldaten am Boden vor angreifenden Taliban oder versteckten Sprengfallen warnen konnten. "Wir hören oft: Vielen Dank, dass ihr da wart. Das ist schon ein enormer Zuwachs an Sicherheit", sagt Farsch. "Die Heron kann 27 Stunden in der Luft bleiben und ist in einer Höhe von 9000 Metern vom Boden aus weder zu sehen noch zu hören."

Vor allem die Langzeitbeobachtung durch Tag- und Nachtkameras sei wichtig: "Damit können wir präzise feststellen, ob jemand ein Loch gräbt, um sein Feld zu bewässern oder um eine Sprengladung zu platzieren." Die "Heron"-Bediener können allerdings bei weitem nicht alle Aufträge erfüllen, die die Truppe gern vergeben würde: Der Verantwortungsbereich der Bundeswehr in Nord-Afghanistan ist halb so groß wie Deutschland. Zusätzliche Systeme (die drei "Herons" kosten zusammen für drei Jahre knapp 110 Millionen Euro) sind aber angeblich nicht zu finanzieren.

Die unbewaffnete "Heron 1", die etwa so groß wie ist wie ein viersitziges Sportflugzeug, wird von der Bundeswehr nur als Übergangslösung angesehen. IAI-Direktor Smuel Falik hofft, dass sie sich für das Nachfolgemodell, die deutlich größere und leistungsfähigere "Heron TP", entscheidet. "In nur zwei Wochen können wir die Piloten umschulen, das spart viel Geld." Es gibt jedoch Konkurrenz: die ebenfalls bewährte US-Drohne "Predator".

(RP)
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