Frankfurt Deutsche Bank streicht 9000 Jobs

Frankfurt · Einschließlich des Personalabbaus durch den Verkauf von Töchtern fällt bis 2018 jede vierte Stelle weg. Das trifft auch NRW, das einen Anteil von knapp 30 Prozent am deutschen Zweigstellen-Netz hat.

Der groß angelegte Umbau der Deutschen Bank mit dem Abbau Tausender Stellen und fast vier Milliarden Euro an Einsparungen hat gestern die Börse alarmiert. Die Deutsche-Bank-Aktie verlor fast sieben Prozent, nachdem das Unternehmen erklärt hatte, dass es für 2015 und 2016 keine Dividende zahlen werde. Für das dritte Quartal verbuchte das Unternehmen, wie bereits vor Wochen angedeutet, einen Verlust von sechs Milliarden Euro, nachdem es im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres "nur" ein Minus von 100 Millionen Euro nach Steuern hatte hinnehmen müssen.

In den nächsten Jahren sollen insgesamt 3,8 Milliarden Euro eingespart werden. Dies geschieht unter anderem durch den Abbau von 9000 Stellen im Konzern. Rechnet man weitere fast 20.000 Arbeitsplätze dazu, die durch den Verkauf von Tochterunternehmen wie der Deutschen Postbank wegfallen sollen, verschwindet bei der Bank fast jede vierte Stelle. Dazu kommen noch einmal etwa 6000 Arbeitsplätze bei externen Dienstleistern. Aus zehn Ländern verabschiedet sich der Konzern komplett: Argentinien, Chile, Mexiko, Peru, Uruguay, Dänemark, Finnland, Norwegen, Malta und Neuseeland.

Der interne Personalabbau dürfte den Standort Nordrhein-Westfalen treffen, der mit 205 Zweigstellen fast 30 Prozent des gesamten Filialnetzes im Bundesgebiet auf sich vereinigt. Andererseits hat das bevölkerungsreichste Bundesland in der Strategie des neuen Konzernchefs John Cryan eine besondere Rolle, weil Düsseldorf und Köln zu den künftig nur noch sieben (bisher 16) Schwerpunktregionen der Bank gehören sollen. Ende Juni habe das Institut in Nordrhein-Westfalen etwa zwei Millionen Privat- und Geschäftskunden gehabt, sagte ein Sprecher.

Bevor die Bank die Milliardeneinsparungen realisieren kann, muss sie erst mal tief in die Tasche greifen. Etwa 3,5 Milliarden Euro hat sie an Umbaukosten veranschlagt, unter anderem für die notwendigen Aufwendungen beim Personalabbau. Verdi-Chef Frank Bsirske, der selbst im Aufsichtsrat der größten deutschen Bank sitzt, hat gestern einen Umbau ohne betriebsbedingte Kündigungen gefordert. Ob das so kommt, steht noch nicht fest: Die Verhandlungen mit den Arbeitnehmer-Vertretern haben noch gar nicht begonnen. Nach Angaben aus dem Umfeld der Deutschen Bank wird das Unternehmen erst im Mai/Juni des nächsten Jahres sagen können, wo wie viele Arbeitsplätze wegfallen und welche Filialen geschlossen werden sollen. Auf jeden Fall will die Bank in der Fläche präsent bleiben, was umgekehrt bedeutet, dass die Ausdünnung des Filialnetzes die Großstädte stärker trifft als die ländlichen Regionen.

Für die Börse war vermutlich weniger der Milliardenverlust ernüchternd als die Perspektive, die Konzernchef Cryan gezeichnet hat. "Die Enttäuschung der Investoren ist groß", sagte ein Händler. "Zwei Jahre lang keine Dividende und dann noch die Ankündigung, dass 2016 und 2017 keine starken Jahre werden. Da fragt man sich als Anleger, warum man bei der Stange bleiben soll, wenn man nicht mal eine Dividende bekommt. Da gibt es nicht mal einen Lohn für das Durchhaltevermögen." Ein ganz anderes Urteil fällte Klaus Nieding, Vorstandsmitglied der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz: "Cryan hat ein großes Paket geschnürt, aber er tut etwas Vernünftiges. Ende 2016 wird man vielleicht schon die ersten Früchte sehen. Dass er so radikal umbaut, zeigt, wie dramatisch die Situation ist."

(RP)
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