Kolumne Berliner Republik Der weiß-blaue Blick auf Rot-Grün

Der "Bayernkurier" ist für die CSU, was für die SPD der "Vorwärts" ist: Die Parteien verbreiten in ihren Zeitungen die eigene Sicht der Welt. Der aktuelle "Bayernkurier" übt scharfe Kritik an NRW.

Der Föderalismus und die regionale Vielfalt in Deutschland gelten als Garanten für den Frieden in der Gesellschaft: In jeder Region können die Menschen leben, wie es ihrer Mentalität entspricht. Die kulturellen Unterschiede zwischen den Sachsen und den Ostfriesen sowie zwischen den Ruhrpottlern und den Bayern sind entsprechend groß.

Das System hat natürlich auch Nachteile, wenn man sich etwa den Flickenteppich in der Bildungspolitik anschaut oder das aktuelle Gezerre um die Energiewende. Die Macht der Länder hat in Deutschland eine Konsens-Demokratie befördert, in der so lange diskutiert wird, bis jeder einen kleinen Vorteil mitnimmt. Und wenn das nicht gelingt, muss eben der Bund noch ein bisschen mehr zahlen.

Ein solcher typisch deutscher Föderalismus-Konsens steht derzeit bei der Reform der Bund-Länder-Finanzen an. Doch bevor es so weit ist, machen die Länder tüchtig Theaterdonner, damit der Bund am Ende um des lieben Friedens willen das Portemonnaie zückt.

Im Poker um die Bund-Länder-Finanzen muss NRW sich an zwei Fronten verteidigen - gegen die bedürftigen Ostländer und gegen die reichen Südländer. Die CSU sieht NRW allerdings an seiner Finanzmisere gänzlich selbst schuld und macht in der aktuellen Ausgabe des "Bayernkuriers" mächtig Stimmung. Auf fünf Hochglanzseiten legen die Bayern dar, dass NRW jede Sekunde 66 Euro neue Schulden mache, während die Blau-Weißen jede Sekunde 15 Euro alte Schulden tilgten. Wenn diese Rechnung exakt stimmen sollte, haben die Bayern zu Recht bei den Pisa-Tests in Mathe immer besser abgeschnitten als Nordrhein-Westfalen.

Aus bayerischer Sicht ist NRW das Griechenland Deutschlands. "Das Magazin für Orientierung", wie sich der "Bayernkurier" im Untertitel nennt, rechnet auch vor, dass die CDU-Regierung die Neuverschuldung im Jahr 2008 auf 1,1 Milliarden Euro gedrückt habe, unter Rot-Grün habe sie in NRW 2011 bei 7,1 Milliarden Euro gelegen, aktuell: 1,9 Milliarden Euro.

Nun kann man den Bayern, die tatsächlich viel Geld in den Länderfinanzausgleich zahlen müssen, entgegenhalten, dass auch ihr Laptop-und-Lederhosen-Wunder auf Zahlungen aus dem Finanzausgleich gebaut ist. In den 50er Jahren war Bayern ein eher strukturschwaches Agrarland. Bis Ende der 80er Jahre profitierten die Bayern von den Ausgleichszahlungen.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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