Christian Lindner "Der Soli muss 2019 auslaufen"

FDP-Landeschef Christian Lindner hält der CDU vor, sie denke "ganz zuletzt an die Entlastung der Bürger". Seine Zukunft sieht er in Nordrhein-Westfalen.

 "Die FDP wird in Umfragen stets unterschätzt", sagt Christian Lindner (34), Partei- und Fraktionschef der Liberalen in NRW.

"Die FDP wird in Umfragen stets unterschätzt", sagt Christian Lindner (34), Partei- und Fraktionschef der Liberalen in NRW.

Foto: andreas Endermann

Herr Lindner, was muss passieren, dass die FDP nicht zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik ohne Sitze im Bundestag dasteht?

Lindner Die letzten Umfragen sehen uns bei sechs Prozent. Die FDP wird in Umfragen zudem stets unterschätzt. Die Chancen stehen also gut, dass es wieder eine schwarz-gelbe Mehrheit gibt.

Von alleine kommen Sie nicht in den Bundestag...

Lindner Der Wahlkampf beginnt erst. Wir betonen unsere Rolle als Kompass der Koalition. Wir wollen solide Finanzen statt teurer Versprechen. Rot-Grün will die Steuern erhöhen und in Europa das Schuldenmachen erleichtern. Die CDU legt ein Programm ohne Preisschild vor, das jedem alles verspricht. Wir setzen auf seriöses Wirtschaften, um den Einstieg in die Schuldentilgung und einen nächsten Entlastungsschritt zu schaffen.

Mit dem Versprechen von Steuersenkungen haben Sie schon einmal Schiffbruch erlitten. Was planen Sie?

Lindner Seit 2009 gab es eine Entlastung von 24 Milliarden Euro. Die Priorität lag aber auf dem Ende der Schuldenpolitik. Unsere Fortschritte sind enorm. Herr Schäuble prognostiziert einen Haushaltsüberschuss von neun Milliarden Euro bis 2017. Mit Disziplin erlaubt das die Reduzierung der kalten Progression und des Solidaritätszuschlags.

Auf wie viel Prozent wollen Sie den Soli senken?

Lindner Auf null. Bis der Solidarpakt Ost 2019 endet, sollte der Solidaritätszuschlag entfallen. Mich überrascht die ablehnende Position der Bundeskanzlerin. Es ist eine Frage politischer Verlässlichkeit, eine Sonderabgabe zu beenden, wenn ihr Zweck entfallen ist. Es ist enttäuschend, dass selbst die CDU trotz Rekordeinnahmen des Staates ganz zuletzt an die Entlastung der Bürger denkt. Bis 2017 steigen die Staatseinnahmen nach allen Prognosen jährlich um etwa vier Prozent, insgesamt um 100 Milliarden Euro. Dass dennoch eine Sonderabgabe von 14 Milliarden nicht auslaufen soll, zeigt eine Maßlosigkeit in der Debatte.

Die Union will das Familiensplitting einführen. Macht das die FDP mit?

Lindner Ich lese das im Programm der Union gar nicht. Der Begriff Familiensplitting wird nur im Zusammenhang mit der Erhöhung des steuerfreien Grundbetrags für Kinder verwendet. Das ist ein altes Ziel der FDP, wenn es seriös finanziert werden kann.

Hält die FDP am Ehegattensplitting fest?

Lindner Ja. Eine Abschaffung wäre verfassungswidrig.

Die EU-Kommission sieht bei der Förderung erneuerbarer Energien Wettbewerbsverzerrungen. Und Sie?

Lindner Wenn es darum geht, die energieintensiven Branchen von der EEG-Umlage auszunehmen, sehe ich darin keine Wettbewerbsverzerrung. Sonst wären diese Betriebe im europaweiten Wettbewerb krass benachteiligt. Wir brauchen einen marktwirtschaftlichen Neuanfang in der Energiepolitik. Etwa der Photovoltaik werden für die nächsten 20 Jahre Preise und Abnahme garantiert. Der unkontrollierte Ausbau der Photovoltaik und die irrationale Blockade für hocheffiziente Kohlekraftwerke in NRW offenbaren grünes Wunschdenken, das zu einer Deindustrialisierung führen kann. Die FDP will ein EEG-Ausstiegsgesetz, damit die Energiewende nicht ein teures Risiko bleibt.

Braucht die Bundesregierung ein eigenes Energieministerium?

Lindner Ja, der Wirtschaftsminister sollte auch der Energieminister sein. Wir brauchen ein Projektmanagement in einer Hand, das die Energiewende aus wirtschaftspolitischer Perspektive betrachtet.

NRW verliert gerade mehrere Tausend Industriejobs. Warum?

Lindner Rot-Grün setzt die Rahmenbedingungen für Mittelstand und Industrie nicht wachstumsfreundlich. Vom Wasserentnahmeentgelt über das Vergabegesetz bis zum ökologisch unwirksamen Klimaschutzgesetz wird Dynamik gebremst.

Bleiben Sie in NRW?

Lindner Ja. Das habe ich den Wählern zugesagt. Für mich sind Prinzipienfestigkeit und Berechenbarkeit entscheidend.

D. HÜWEL, T. REISENER UND G. VOOGT FASSTEN DAS GESPRÄCH ZUSAMMEN. MEHR FRAGEN UND ANTWORTEN UNTER WWW.RP-ONLINE.DE/POLITIK

(RP)
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