Corona-Pandemie Der Schwenk der Schulministerin

Düsseldorf · NRW-Schulministerin Gebauer (FDP) hatte lange auf Präsenzunterricht gepocht – nun muss sie einlenken. Der Druck wurde zu groß. Aus Sicht der Opposition ist das ein Rückzug auf ganzer Linie.

 Lange hatte sie betont, mit ihr werde es Schulschließungen nicht geben, jetzt rudert NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) zurück.

Lange hatte sie betont, mit ihr werde es Schulschließungen nicht geben, jetzt rudert NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) zurück.

Foto: dpa/Marcel Kusch

Die Stimme der Schulministerin wackelt leicht, als sie an diesem frühen Freitagnachmittag zu ihrem entscheidenden Statement anhebt. „Eine Schulministerin, die nicht widerspricht, wenn andere die Aufhebung der Schulpflicht fordern, würde ihrem Amt kaum gerecht und sie würde die Verfassung ausblenden“, sagt Yvonne Gebauer (FDP). Deshalb sei es ihr so wichtig, genau zu unterscheiden zwischen der Schul- und der Präsenzpflicht. In NRW sei nur die Pflicht der Schüler zur Anwesenheit im Klassenraum ausgesetzt, aber nicht die Pflicht zur Teilnahme am Unterricht. „Insofern sind alle meine Forderungen berücksichtigt und außerdem ist die Betreuung gewährleistet“, schiebt sie nach.

Was die Ministerin als Erfolg ihrer Verhandlungen auf Bundes- und Landesebene zu verkaufen versucht, ist aus Sicht der Opposition in NRW hingegen ein Rückzug auf ganzer Linie. Wochenlang hatte Gebauer darauf gepocht, dass der Präsenzunterricht oberste Priorität haben müsse. Selbst einzelne Städte mit hohen Infektionszahlen wie Solingen pfiff sie zurück, weil der dortige SPD-Oberbürgermeister es gewagt hatte, stadtweit an den Schulen Wechselunterricht einzuführen. Die Klassen also zu teilen und abwechselnd digital zu unterrichten. Doch genau das passiert jetzt sogar landesweit, wenn sich alle Schüler ab Klasse 8 bis zu den Weihnachtsferien im Homeschooling wiederfinden.

Der Druck war wohl zu groß geworden: Bundesweit dramatisch steigende Infektionszahlen, das Vorpreschen des bayerischen Ministerpräsidenten, die bewegenden Worte der Bundeskanzlerin im Bundestag – dem konnte sich Gebauer nicht länger entgegenstemmen. „Die Infektionen haben noch einmal eine besondere Dynamik aufgezeigt“, sagt sie nun. Zudem sei bundeseinheitliches Handeln gefordert.

Gebauer steht unter besonderer Beobachtung. Als einzige Bildungsministerin der FDP bundesweit ist es an ihr, die liberalen Vorstellungen in der Schulpolitik zu verkörpern. In Corona-Zeiten übersetzte die gebürtige Kölnerin dies in eine Bildungsgarantie, also das Aufrechterhalten des Präsenzunterrichts, wo irgend möglich. Für jede Schule einzeln sei zu entscheiden, ob sie wirklich in den Digitalunterricht wechseln müsse. „Schulspezifisch“ lautete dafür das Schlagwort.

Das gelang bis heute auch recht gut: 96,3 Prozent der Schüler nahmen zuletzt in NRW am Präsenzunterricht teil, in etwa so viele wie in der Vorwoche. Nur fünf Schulen waren wegen hoher Infektionszahlen komplett geschlossen.

Es wirkt daher fast trotzig, wenn die Ministerin ausgerechnet an diesem Freitag ausdrücklich auf diese Bilanz verweist.

(kib)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
„Geschlossen“ steht auf einem Schild an
Endlich!
Laschet fordert schnellen LockdownEndlich!