Leitartikel Der neue Tabubruch der Notenbank

Was der frühere Jesuiten-Schüler Mario Draghi macht, macht er gründlich. Vor zwei Jahren hatte der EZB-Präsident angekündigt, alles zur Rettung des Euro zu tun. Gestern wurde klar, dass er dabei vor nichts zurückschreckt. Nicht nur, dass er den Leitzins auf fast Null drückt. Nicht nur, dass er den Strafzins anhebt, den Banken verrückterweise auf Guthaben bei der EZB zahlen müssen. Nun will Draghi den Banken auch noch Kreditverbriefungen (also Firmenkredite) abkaufen, um ihnen Spielraum für neue Darlehen zu geben. Die Motivation ist klar: Draghi will verhindern, dass aus der Mini-Inflation eine Deflation wird - dieses Ziel ist vom gesetzlichen Auftrag gedeckt. Dass die EZB dafür aber ins Risiko für Firmenkredite geht - dieses Mittel ist eine klare Überdehnung ihres Mandats. Zumal sie nun genau jene Papiere erwerben will, die 2008 die globale Finanzkrise auslösten.

Europa sitzt in einer Falle wie einst Japan: Durch frühere Zinssenkungen hatte die EZB ihr Pulver verschossen. Eigentlich kann sie jetzt nicht mehr tun, als Südeuropa zu Reformen anzuhalten. Das aber ist dem machtbewussten Italiener zu wenig. Einmal mehr müssen nun Sparer und Lebensversicherungskunden für Konstruktionsfehler beim Euro zahlen.

(RP)
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