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Analyse Der letzte Held der CDU

Düsseldorf · Unter den größten zehn Städten Deutschlands hat Düsseldorf als einzige noch einen christdemokratischen Oberbürgermeister. Doch Stadtoberhaupt Dirk Elbers sieht sogar Chancen auf ein Comeback der Union.

Die CDU als Großstadtpartei — modern, aufgeschlossen, zukunftsorientiert. Mit diesem Konzept wollten sich die Christdemokraten neue Wähler erschließen, in alten SPD-Hochburgen punkten und sich als bürgerliche werteorientierte Partei neben den in den Städten so starken Grünen etablieren. Vom großen Aufbruch ist wenig geblieben. Die Metropolen Köln, Hamburg, Frankfurt und zuletzt Stuttgart fielen an den politischen Gegner. Von den zehn größten deutschen Städten wird nur noch die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt Düsseldorf von einem Christdemokraten regiert.

Der Mangel an Christdemokraten an der Stadtspitze hat schon erste Auswirkungen. "Wir können im Präsidium des Städtetags nicht mehr die Positionen so besetzen, wie wir es wünschen", gibt Dirk Elbers zu. Das Düsseldorfer Stadtoberhaupt macht sich Sorgen um die Präsenz seiner Partei in den Top-Kommunen: "Viele gestandene Oberbürgermeister haben inzwischen ihr Amt aufgegeben oder wurden abgewählt. Das ist für die CDU nicht einfach."

Der Aderlass war beträchtlich. Fritz Schramma (Köln) war in der Domstadt beliebt wie nur wenige Stadtoberhäupter, Adolf Sauerland (Duisburg) wollte den Mief der absteigenden Ruhrgebietsstadt abstreifen, Wolfgang Schuster (Stuttgart) der Schwabenmetropole ein weltstädtisches Image verpassen. Ole von Beust (Hamburg) schließlich machte aus der Hansestadt die wirtschaftlich erfolgreichste Kommune der Bundesrepublik. Genützt hat es nichts: Überall wendete sich die Stimmung gegen die CDU. Und es sind nicht die harten Fakten, sondern die Emotionen der Bürger, mit denen die Christdemokraten nicht klarkommen.

Elbers sieht darin keinen generellen Trend gegen seine Partei. "In allen Städten waren es unterschiedliche Gründe, die zum Farbenwechsel führten." Ein Freibrief ist das nicht. Zwar ist die nächste OB-Wahl noch zwei Jahre weg. Doch Elbers weiß, dass er die Bürger auch emotional gewinnen muss und dass vergangene Erfolge wie die Schuldenfreiheit oder die kostenlose Kita-Betreuung für Drei- bis Sechsjährige am Ende nur wenig zählen. "Die Menschen wollen kurzfristige Antworten haben. Der Oberbürgermeister wird auch zum pragmatischen Problemlöser", hat Elbers erkannt. Große Entwürfe oder gar Visionen seien dem Bürger fremd. Er wolle lieber Hilfe für die aktuellen Probleme. "Wer sich als Stadtoberhaupt darum nicht kümmert, ist bald weg vom Fenster", meint Elbers. Er sieht sich auch weniger als Vorstandschef des Unternehmens Stadt, sondern als einen, der die Balance zwischen einem hochkomplexen Stadtmanagement und der Rolle als direktem Ansprechpartner auf den Marktplätzen beherrscht.

Dabei hat Düsseldorf durchaus einige renommierte Großstadtprojekte zu bieten. Der neue Kö-Bogen erschließt dem innerstädtischen Handel, der Dienstleistungswirtschaft und dem Stadttourismus ganz neue Dimensionen. Der Umbau des Drei-Scheiben-Hauses könnte einem der berühmtesten Nachkriegsbürobauten zu neuem Glanz verhelfen. Selbst der umgestaltete Stadtteil Bilk setzt einen interessanten städtebaulichen Akzent als Gegenstück zu Medienhafen und Altstadt. "Wir sind eine moderne Stadt, und die CDU hier ist eine moderne Partei. Es war allerdings ein Entwicklungs- und Lernprozess. Noch vor einigen Jahren war zum Beispiel das Thema U 3-Betreuung in einigen Kreisen der Partei ein Tabu", beschreibt Elbers das Verhältnis von Partei- und Kommunalpolitik.

Der Düsseldorfer hält auch nichts von parteilosen Bewerbern — wie es etwa die CDU im Fall Stuttgart versucht hatte. "Die meisten Kommunalpolitiker sind durch ihre Parteizugehörigkeit geprägt. Und dazu sollten sie sich auch bekennen." Denn an den parteilosen unabhängigen Bewerber würden die Bürger ohnehin nicht glauben. "Da sind die Menschen doch politischer, als viele annehmen." Gleichwohl sieht Elbers Defizite bei seiner Partei. "Wir haben das Konzept der Großstadtpartei nicht weiterentwickelt, die Idee der Werteorientierung mit der Öffnung zu neuen Themen und neuen Formen des Zusammenlebens. In den Großstädten muss man auch das besondere Lebensgefühl der Menschen treffen."

Ganz oben steht für den Düsseldorfer die Entlastung der Familien. "Deshalb sind der Ausbau der U3-Betreuung und die kostenlosen Kitas zentrale Pfeiler unserer Stadtpolitik und mein persönliches Anliegen." Zugleich wettert das CDU-Stadtoberhaupt gegen das Betreuungsgeld. "Davon halte ich wenig. Für mich hat der Ausbau der U 3-Betreuung Priorität."

Das klingt nach SPD pur. Aber so einfach lässt Elbers sich nicht klassifizieren. Denn auch in der Großstadt ist für ihn Heimat wichtig. "Wir brauchen den OB mit Bodenhaftung. Am besten ist, er kennt die Stadt seit Kindesbeinen an. Importe zur Wahl sind in der Regel zum Scheitern verurteilt." Die moderne Großstadt müsse für die Menschen lebenswert bleiben. "Deswegen darf nicht alles zugebaut werden."

Das Letztere betrifft die offene Flanke, die das CDU-Stadtoberhaupt derzeit hat: der Mangel an preiswerten Wohnungen in der Stadt. "Das nehmen wir sehr ernst, ich kann aber nicht versprechen, dass wir hier alle Wünsche befriedigen können", schränkt der Christdemokrat ein. Der Preisschub sei schließlich durch den großen Zuzug entstanden, was für die Attraktivität der Stadt spricht. "Hier müssen wir ehrlich bleiben und sagen, dass eine Miethöhe von weniger als neun Euro pro Quadratmeter für Neubauten unrealistisch ist. Eins ist klar: Es ist kein spezifisches Düsseldorfer Problem, sondern eine Herausforderung, vor der viele attraktive Großstädte mit hoher Lebensqualität stehen." Ob Elbers mit seiner Ehrlichkeit am Ende punkten kann, ist offen. Immerhin könnte der letzte Großstadt-Held der CDU mit seiner Wiederwahl 2014 eine Trendwende einleiten.

(RP)
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