Stuttgart Der Fall Kauder offenbart die Misere der Südwest-CDU

Stuttgart · Die Posse um Siegfried Kauder scheint abgehakt. Aber die Sorge vor einem weiteren Einbruch bei den Kommunalwahlen im April ist groß.

 Unions-Bundestagsfraktionschef Volker Kauder (63, l.) und sein Bruder Siegfried Kauder (62).

Unions-Bundestagsfraktionschef Volker Kauder (63, l.) und sein Bruder Siegfried Kauder (62).

Foto: dpa

Die CDU in Baden-Württemberg will ihren langjährigen Bundestagsabgeordneten Siegfried Kauder aus der Partei werfen, weil er bei der Wahl am 22. September als unabhängiger Kandidat antritt. Der CDU-Kreisvorstand im Schwarzwald-Baar-Kreis votierte gestern Abend mit 17 von 19 Stimmen für einen entsprechenden Antrag. "Wer in der Öffentlichkeit ankündigt, gegen die CDU vorzugehen, der muss die Konsequenzen ziehen",sagte Kreisvorsitzender Andreas Schwab.

Als Außenstehender könnte man in der Posse um den südbadischen Noch-Abgeordneten Kauder einen unterhaltsamen Fall für die "Schwarzwaldklinik" sehen. Bei näherer Betrachtung steht der giftige parteiinterne Streit um den jüngeren Bruder von CDU/CSU-Bundestagsfraktionschef Volker Kauder beispielhaft für den schlechten Zustand eines einst so selbstgewissen CDU-Landesverbandes. Seit die CDU Baden-Württemberg 2011 nach 58 Regierungsjahren vom Wähler in die Opposition geschickt wurde, kommt sie im Stuttgarter Landtag mit ihrem Fraktionsvorsitzenden Peter Hauk nicht in Tritt. Hauk lässt sich nach Einschätzung von Kundigen zu oft durch die siebenköpfige FDP-Fraktion die Oppositions-Butter vom Brot nehmen.

Wie tief aber die Landespartei in einigen Regionen zerstritten ist, zeigt dies: Siegfried Kauder (62) wird nicht einmal mehr hinter vorgehaltener Hand unterstellt, "wesensverändert" zu sein. Der Verdächtigte, der bei der Nominierung als Bundestags-Wahlkreis-Kandidat dem jungen Partei-"Freund" Thorsten Frei ganz klar unterlegen war und nun, wohl zulasten Freis, als Einzelkandidat antreten will, ließ sich ärztlich bescheinigen, körperlich und geistig gesund zu sein.

Und außerhalb des Landtages – siehe den nun vom CDU-Kreisverband in die Wege geleiteten Parteiausschluss Kauders wegen parteischädigenden Verhaltens – zeigt sich die CDU mancherorts weniger als Union, dafür mehr als Zwietrachts-Gemeinschaft. Dass ihr im Südwesten bei der Bundestagswahl im September dennoch laut Umfragen knapp 45 Prozent der Stimmen zuzutrauen sind, liegt am Merkel-Bonus. Denn die aufs Bundesland bezogene Demoskopie signalisiert Werte unter der 40-Prozent-Marke.

Während die Partei das Kapitel Kauder für erledigt hält, blickt man bang auf die Kommunalwahlen im April 2014. Da könnten sich Abwärtstrend und personelle Auszehrung der einst stolzen Siegertruppe fortsetzen.

(RP)
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