Debatte um Wulff-Nachfolge hat begonnen

Berlin Die Parteichefs der schwarz-gelben Koalition, Angela Merkel (CDU), Philipp Rösler (FDP) und Horst Seehofer (CSU), haben sich nach Informationen unserer Zeitung aus Regierungskreisen vor wenigen Tagen bereits auf ein Verfahren zur Nominierung eines neuen Kandidaten für das Bundespräsidentenamt geeinigt. Sollte Bundespräsident Christian Wulff überführt werden, die Unwahrheit gesagt zu haben, wollen Merkel, Seehofer und Rösler die Unterstützung für Wulff beenden und nach einem Rücktritt in einer gemeinsamen Pressekonferenz einen Kandidaten vorschlagen, der auch vom rot-grünen Lager akzeptiert werden könnte. Man werde einen Vorschlag machen, den "Rot-Grün nicht ablehnen kann", heißt es.

In CDU-Kreisen wird der Name von Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) sowie des früheren Uno-Umweltchefs Klaus Töpfer (72) genannt. Der CDU-Politiker Töpfer wurde schon 2010 von SPD und Grünen für eine Kandidatur angefragt, lehnte aber ab. Die Vorsitzende der Synode der Evangelischen Kirche, Göring-Eckardt, pflegt beste Kontakte zur CDU-Spitze und gilt als parteiübergreifend anerkannt. Kanzlerin Merkel schätze die besonnene, unaufgeregte Art der Grünen-Politikerin, heißt es.

Ob Wulff zurücktreten muss, wird vom Wahrheitsgehalt seiner jüngsten Aussagen abhängen. Als Prüfstein gilt der Inhalt der Mailbox von "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann, auf die Wulff sprach, um angeblich die Veröffentlichung seines umstrittenen Privatkredits zu verhindern. Nach Informationen der ARD hatte der Bundespräsident, wie im TV-Interview behauptet, tatsächlich um Verschiebung und ein persönliches Gespräch mit Diekmann nach der Rückkehr von seiner Reise gebeten — auch, um dann "entscheiden zu können, wie wir Krieg führen". Zugleich drohte Wulff laut ARD mit Strafantrag gegen "Bild"-Redakteure. Diese unglaubliche Geschichte, so Wulff, werde zum endgültigen Bruch mit dem Springer-Konzern führen. Auf einer Pressekonferenz mit seiner Frau werde es um die Methoden der "Bild"-Zeitung gehen. Der Rubikon sei überschritten.

Offiziell ließ Kanzlerin Angela Merkel über ihren Sprecher erklären, sie habe weiterhin "volles Vertrauen" in das Staatsoberhaupt. Zugleich gab es neue Vorwürfe: Wulff habe in seiner Zeit als Ministerpräsident beim Kampf um den Autobauer VW nicht verhindert, dass die Anleger getäuscht wurden. Es geht um Schadenersatzforderungen von 1,8 Milliarden Euro, berichtete die "Wirtschaftswoche". Wulff empfing gestern 50 Sternsinger aus dem Ruhr-Bistum Essen.

(RP/das)
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