Debatte um Grundgesetz Teile der Union halten an „Rasse“-Begriff fest

Berlin · Mehrere Abgeordnete der Union lehnen eine Verfassungsänderung ab. Die Grünen legen nach. Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt forderte eine Streichung des „vergifteten Begriffs“, der für Gewalt, Schmerz, Ausgrenzung und Ungerechtigkeit stehe.

 Eine Ausgabe des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland (Archiv).

Eine Ausgabe des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland (Archiv).

Foto: dpa/Monika Skolimowska

Nach Widerstand aus der Unionsfraktion haben die Grünen ihre Forderung nach Streichung des Begriffs „Rasse“ aus dem Grundgesetz verteidigt. „Beim Begriff Rasse, geht es um mehr als Symbolpolitik sondern um unser Selbstverständnis als Gesellschaft und Staat“, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. „Das Wort Rasse ist vergiftet. Menschen so wie Tiere in Rassen unterteilen zu wollen, das war nie einfach so da.“ Diese zutiefst inhumane Idee sei historisch als Rechtfertigung eines brutalen Kolonialismus geschaffen worden und verfolgte schon immer einen politischen Zweck: Eine Gruppe Menschen als unterlegen darzustellen, sie herabzusetzen und sie ihrer Rechte zu berauben, so Göring-Eckardt. „Der Begriff Rasse steht für eine Geschichte und Gegenwart von Gewalt und Schmerz, Ausgrenzung und Ungerechtigkeit.“

 In der Union war der Vorstoß auf Skepsis und Ablehnung gestoßen. Eine solche Streichung sei „eher Symbolpolitik und bringt uns in der Sache keinen Schritt weiter“, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg (CDU), der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Auch die Vorsitzende des Innenausschusses, Andrea Lindholz (CSU), sagte, sie halte die Forderung für „eine eher hilflose Scheindebatte“. Eine Streichung des Begriffs könne zudem die Rechtsprechung erschweren, argumentierte sie. „Ohne einen entsprechenden Rechtsbegriff, der auch völkerrechtlich verankert ist, könnte Rassismus juristisch noch schwieriger zu greifen sein.“ Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) riet zu einer sorgfältigen Prüfung einer möglichen Änderung, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) hatten bereits Offenheit signalisiert.

 Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen (Archiv).

Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen (Archiv).

Foto: dpa/Michael Kappeler

Göring-Eckardt pochte auf Fortschritt. „Wer unsere Verfassung wertschätzt, der muss dafür eintreten, sie besser zu machen.“ Bei der Streichung gehe es darum, ob man „einen Begriff des Unrechts und der Ausgrenzung im Herzen unserer Rechtsordnung“ bestehen lasse oder man die Kraft und den Willen habe, gemeinsam einen Schritt nach vorne gehen. „Lassen Sie uns gemeinsam Letzteres tun“, sagte sie.

Konkret geht es um Artikel drei Absatz drei des Grundgesetzes. Dort heißt es: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“

Union-Fraktionsvize Thorsten Frei (CDU) sagte der „Welt am Sonntag“, den Kampf gegen Rassismus werde „die sprachliche Überarbeitung“ des Grundgesetzes „nicht voranbringen“. Eine Aktualisierung sei nicht notwendig. Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Daniel Günther (CDU), betonte, dass er sich lieber engagiere statt sich um „solchen Theoriekram“ zu kümmern.

Der FDP-Fraktionsvize im Bundestag, Stephan Thomae, erkannte derweil fehlende Empathie bei einigen Unionspolitikern. „Ich finde die Argumentation, es handle sich um reine Symbolpolitik sehr entlarvend“, sagte Thomae der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag. Der Union scheine die Sensibilität für das Thema zu fehlen. Das Grundgesetz sei nicht nur ein Rechtstext, sondern auch ein „Dokument der Werte unserer Gesellschaft.“

(jd/dpa)
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