Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Richterpräsidenten Debatte um Folter-Äußerungen weitet sich aus

Frankfurt/Kiel (rpo). Die Debatte um die Folter-Äußerungen des Richterbundpräsidenten Geert Mackenroth weitet sich aus. Am Donnerstag ging im Kieler Justizministerium eine Dienstaufsichtsbeschwerde ein.

Der Deutsche Anwaltverein und die Gewerkschaft der Polizei warnten davor, das strikte Folterverbot aufzuweichen. Mackenroth selbst stellte klar, dass er an der Rechtslage nicht rütteln wolle. Unterdessen kritisierten auch Menschenrechtsorganisationen die deutschen Behörden.

Ein Sprecher des schleswig-holsteinischen Justizministeriums erklärte, die Beschwerde gegen Mackenroth stamme aus Justizkreisen und werde vom Oberlandesgericht Schleswig bearbeitet. Der Richterbundpräsident ist Landgerichtspräsident in Itzehoe.

In einem Zeitungsinterview hatte Mackenroth zu polizeilichen Verhörmethoden erklärt, es seien "Fälle vorstellbar, in denen auch Folter oder ihre Androhung erlaubt sein können, nämlich dann, wenn dadurch ein Rechtsgut verletzt wird, um ein höherwertiges Rechtsgut zu retten". Diesen Satz versuchte er am Donnerstag zu relativieren. Mackenroth habe auch gesagt, dass Folter nach internationalen und nationalen Vorschriften zu Recht verboten sei, hieß es in einer Mitteilung des Richterbundes. Das Strafverfahren gegen Polizeibeamte aus Frankfurt, die zur Rettung des entführten elfjährigen Jakob von Metzler dem Tatverdächtigen mit Gewalt gedroht hatten, sei zu Recht eingeleitet worden.

Der Vizepräsident des Anwaltvereins, Georg Prasser, erklärte, eine Aufweichung des strikten Folterverbots wäre ein Rückfall "ins finstere Mittelalter". Die Abschaffung der Folter sei eine wesentliche Errungenschaft unserer Rechtskultur. Schon die Androhung von Folter sei eine Folterform. Der Chef der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, sagte, auch zur Rettung höherwertiger Rechtsgüter wie Menschenleben sei Gewalt oder deren Androhung unzulässig. "Es gibt keine Polizeifolter und darf es auch nicht geben", sagte Freiberg im WDR.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai) erklärte, das Verbot von Folter gelte absolut. Die deutsche ai-Vorsitzende Barbara Lochbihler kritisierte besonders, dass der Frankfurter Polizeipräsident Harald Weiß-Bollandt und das hessische Innenministerium die Folterandrohung der Polizei im Fall Metzler verteidigt hätten. Zu den Äußerungen Mackenroths erklärte Lochbihler, sie sei entsetzt. Das Forum Menschenrechte betonte, dass die Unverletzlichkeit der Menschenwürde und das Recht auf körperliche Unversehrtheit auch für Straftäter gelte, insbesondere wenn deren Schuld noch nicht feststehe.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries betonte, dass Folter oder deren Androhung nicht im Gesetz zugelassen werden dürften. Dies sei nicht vorstellbar, sagte sie im NDR-Radio. Im Fall Metzler könne den Beamten allerdings ein "rechtfertigender Notstand" zugebilligt werden. Im Zweifel werde man den Polizisten freisprechen, sagte die SPD-Politikerin.

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