Debatte um Delta-Risiken Ärzte widersprechen Lauterbach bei Kinder-Impfung

Berlin · Die Fachgesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin will an der eingeschränkten Corona-Impfempfehlung für 12- bis 17-Jährige festhalten. Die Gesundheitsrisiken durch die Delta-Variante seien nach derzeitigem Wissen überschaubar. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sieht das anders und hatte die Impfkommission kritisiert.

 Eine Arzthelferin impft in einer Arztpraxis eine junge Patientin mit einer Spritze. (Archiv)

Eine Arzthelferin impft in einer Arztpraxis eine junge Patientin mit einer Spritze. (Archiv)

Foto: dpa/Ole Spata

Führende Kinder- und Jugendärzte haben sich hinter die Beurteilung der Ständigen Impfkommission (Stiko) zur Corona-Impfung für Kinder ab 12 Jahren gestellt. „Wir Kinder- und Jugendärzte folgen der Einschätzung der Ständigen Impfkommission. Diese hat prinzipiell die Corona-Impfung für Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren nur bei bestimmten Vorerkrankungen empfohlen“, sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, Jörg Dötsch, unserer Redaktion. „Daran ändert nach aktuellem Wissensstand  auch die Delta-Variante nichts“, so der Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin an der Uniklinik Köln. „Es besteht allerdings jederzeit die Möglichkeit für die Familien, gemeinsam mit ihrem Kinderarzt individuell zu einer Entscheidung für oder gegen die Impfung zu kommen“, sagte Dötsch.

Er zieht damit andere Schlüsse als SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Der hatte die Stiko angesichts der starken Ausbreitung der Delta-Variante in vielen Länden aufgefordert, ihre eingeschränkte Empfehlung für die Corona-Impfung von Kindern zu überdenken. „In Großbritannien sind bereits viele Kinder mit Covid in der Klinik. Die Ständige Impfkommission argumentiert, dass Covid für Kinder harmlos sei. Für die Delta-Variante gilt dies meiner Ansicht nach aber nicht“, so Lauterbach. Der Epidemiologe warnte, dass die Durchseuchung der Kinder mit der Delta-Variante zu riskant sei. Und Wechselunterricht ist keine Lösung.“

Tatsächlich hat die Stiko bisher keine generelle Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren ausgesprochen. Sie empfiehlt Impfungen nur für 12- bis 17-Jährige mit bestimmten Vorerkrankungen wie Adipositas, Diabetes und chronischen Lungenerkrankungen. Das Gremium begründete seine Empfehlung vor knapp drei Wochen unter anderem damit, dass das Risiko einer schweren Covid-19-Erkrankung für diese Altersgruppe gering sei.

Der Chef der Fachgesellschaft für Kindermedizin Dötsch stützt diesen Kurs: „Ich schätze die Gesundheitsrisiken durch eine Corona-Infektion für Kinder und Jugendliche derzeit  als so gering ein, dass auch Abwarten auf neue Erkenntnisse zur Impfung eine Option für zögerliche Menschen sein kann“, sagte er. „Die Sterblichkeitsrate und Erkrankungsschwere von Kindern und Jugendlichen nach einer Corona-Infektion ist ähnlich niedrig wie bei der saisonalen Grippe. Bislang gibt es keine Hinweise darauf, dass die Delta-Variante oder eine andere Variante das ändert“, sagte Dötsch. „Niemand sollte daher zu einer Impfung gedrängt werden, aber ebenso sollte niemand davon abgebracht werden.“

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