Persönlich Luigi Di Maio Das Gesicht des italienischen Populismus

Der Chef der Fünf-Sterne-Bewegung, ein 31-jähriger Süditaliener, muss nun eine Koalition schmieden. Luigi Di Maio übt schon mal das Staatsmännische.

Strahlend trat Luigi Di Maio gestern Mittag vor die Fernsehkameras. Der 31-jährige Spitzenkandidat der Fünf-Sterne-Bewegung ist das vertrauenerweckende Gesicht des italienischen Populismus. "Wir sind eine politische Kraft, die eine ganze Nation repräsentiert", sagte Di Maio nach dem Wahlsieg seiner Partei staatsmännisch. Die Fünf-Sterne-Bewegung ist künftig unangefochten stärkste Kraft im Parlament.

Di Maio hatte sich im vergangenen September per Online-Votum zum Chef der Protestpartei küren lassen. Der Schachzug markierte eine Stabübergabe vom cholerischen und unberechenbaren Gründer der Bewegung, Beppe Grillo, hin zu einer modernen Führungsfigur, die nun den schwierigsten Schritt für die "Grillini" bewerkstelligen muss: Wenn er wirklich Regierungschef werden will, muss Di Maio einen Koalitionspartner finden. Für eine Partei, die sich als Antithese zu allen anderen politischen Kräften präsentiert und Bündnisse bislang kategorisch ausgeschlossen hat, wird diese Suche kein Spaziergang.

Di Maio ist mit 31 Jahren nicht nur sehr jung für einen Spitzenpolitiker, er stammt auch aus dem italienischen Süden und repräsentiert damit viele junge Süditaliener, die die Perspektivlosigkeit in ihrer Heimat beklagen. Der Versuch der Konkurrenz, die Inkompetenz Di Maios und seiner Partei im Wahlkampf herauszuheben, verfing nicht. Der 1986 in der Industriestadt Pomigliano d'Arco bei Neapel zur Welt gekommene Spitzenkandidat blamierte sich mehrfach, weil ihm Grammatikfehler unterliefen oder er den chilenischen Diktator Augusto Pinochet in Venezuela verortete. Inzwischen ist Di Maio immer mehr in eine staatstragende Rolle hineingewachsen. Ob auch seine Bewegung Staat machen kann, muss sich noch zeigen.

Fünf Jahre lang hat Di Maio als stellvertretender Parlamentspräsident politische Erfahrung gesammelt. Zuvor arbeitete er als Kellner, als Steward im Stadion und in der Internetbranche. Das Wahlergebnis fordert vom zweifachen Studienabbrecher nun eine Reifeprüfung in Realpolitik. Zwei Regierungspartner sind denkbar: zum einen die fremdenfeindliche Lega, die gut 17 Prozent erreichte. Deren Chef Matteo Salvini bekundet aber seine Treue zum Mitte-rechts-Lager, das keine Mehrheit erzielte. Ein zweiter potenzieller Partner wäre die Demokratische Partei von Ministerpräsident Paolo Gentiloni, die nur auf knapp 19 Prozent kam und die schwerste Schlappe einstecken musste. Sollte es zu keinem Bündnis kommen, wäre eine Neuwahl unausweichlich.

Um der Fünf-Sterne-Bewegung auch im Ausland ihr verstörendes, in Beppe Grillo verkörpertes Image zu nehmen, präsentierte sich Di Maio vor Monaten bereits zahlreichen Vertretern von EU-Regierungen. Sogar in der Finanzwelt der Londoner City schlug der Süditaliener auf, der im Gegensatz zu vielen Parteifreunden stets im feinen Anzug gekleidet ist. Vom noch vor Monaten erwogenen Referendum über einen Euro-Austritt Italiens war im Wahlkampf keine Rede mehr; man wolle die EU-Regeln in Brüssel ändern, heißt es.

Di Maio schimpfte im Wahlkampf auch über die "Mittelmeer-Taxis". Mit diesen Worten kritisierte er die Arbeit der Nichtregierungsorganisationen, die im Mittelmeer Flüchtlinge aufnehmen, und sammelte so offenbar Stimmen.

Die Geschichte der Bewegung ist reich an Metamorphosen. Will er ganz oben ankommen, muss Luigi Di Maio nun die größte Verwandlung bewerkstelligen und die Fünf Sterne von einer Protest- zu einer Regierungspartei machen.

Julius Müller-Meiningen

(RP)
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