Corona-Folgen Lehrer wollen Lehrpläne kürzen

Düsseldorf · Aufgrund der Pandemie haben viele Schüler Stoff versäumt. Beim digitalen Schulgipfel der Opposition wird der Ruf nach einer Ausdünnung der Lerninhalte deshalb lauter.

 Schüler mit Maske im Klassenraum. Foto: Matthias Balk/dpa

Schüler mit Maske im Klassenraum. Foto: Matthias Balk/dpa

Foto: dpa/Matthias Balk

Lehrer, Eltern und Schüler in NRW dringen auf eine Verkleinerung der Lehrpläne an den Schulen. Sie sprachen sich nach einem von der Opposition einberufenen digitalen Schulgipfel überwiegend dafür aus, wegen der entstandenen Wissenslücken Lerninhalte zu reduzieren. „Ich bin überzeugt, dass es nicht anders geht“, sagte die Landeschefin der Pädagogengewerkschaft GEW, Maike Finnern. Zu viel Stoff sei bereits versäumt worden. Ähnlich äußerte sich Eva-Maria Thoms vom Elternverband „Mittendrin“, der sich für Kinder mit besonderem Förderbedarf einsetzt. „Kein Mensch kann erwarten, dass Lerninhalte so abgearbeitet werden können wie sonst“, unterstrich Harald Willert, Vorsitzender der Schulleitungsvereinigung NRW. Die Kultusministerkonferenz sucht dem Vernehmen nach bereits nach einer Lösung, wie mit Versäumtem umzugehen ist, ohne die Vergleichbarkeit der Abschlüsse zu gefährden.

Doch es gibt auch kritische Stimmen: „Was sich nach einer Anerkennung der Realitäten anhört, ist aber brandgefährlich: Die Lücke bekommt Methode und eine rechtliche Grundlage“, sagte Franz-Josef Kahlen, Vorstand der Landeselternschaft der Gymnasien, unserer Redaktion. Damit werde ein Hauen und Stechen unter den Fächern einsetzen, wer wie viel streichen müsse. Es bestehe die Gefahr, dass die Schulabschlüsse der kommenden Jahrgänge ein „Corona-Etikett“ bekämen. Auch Sophie Halley von der Landesschülervertretung sprach sich zwar grundsätzlich für eine Anpassung der Lehrpläne aus, schränkte aber ein: „Dies darf nicht im laufenden Schuljahr passieren, weil für manche dann vielleicht genau das herausfällt, was sie schon gelernt haben.“

Im NRW-Schulministerium trafen die Forderungen derweil auf wenig Resonanz: „Das ist weder erforderlich noch sinnvoll“, hieß es dort auf Anfrage. Die Kernlehrpläne böten auch jetzt schon ausreichend Spielräume im Hinblick auf den Ausprägungsgrad der zu erreichenden Kompetenzen. Es sei vorgesehen, die zentralen Abituraufgaben so auszurichten, dass sie auf vorhandenen Kompetenzen aufbauten. Zudem solle die Aufgabenauswahl erweitert werden, sodass der tatsächlich erteilte Unterricht stärker berücksichtigt werden könne.

Diskutiert wurde auf dem Schulgipfel am Dienstagabend, zu dem sich nach Angaben von SPD und Grünen zeitweise rund 260 Teilnehmer zuschalteten, auch die Frage einer Halbierung der Klassen. Landesschülervertreterin Halley plädierte für einen tageweisen Wechsel zwischen Präsenz- und Digitalunterricht, damit die Schüler möglichst eng angebunden blieben. Kinos und Jugendherbergen bieten unterdessen ihre leer stehenden Räumlichkeiten für Unterricht an.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet brachte am Mittwoch einen neuen Vorschlag ein. Es sei zu erwägen, ob zumindest bei Berufs- und Oberstufenschülern hybride Unterrichtskonzepte zum Einsatz kommen sollten, sagte der CDU-Politiker beim Wirtschaftsgipfel der „Süddeutschen Zeitung“. Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) hatte Anfang der Woche gesagt, auf Biegen und Brechen am Präsenzunterricht festzuhalten, sei nicht sinnvoll. Am kommenden Mittwoch ist die Bildungspolitik das zentrale Thema in den Länder-Beratungen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Leitartikel

(kib)
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