Laschet-Berater über zweite Corona-Welle „Einiges deutet darauf hin, dass die Dynamik sich verlangsamt hat“

Düsseldorf · Das Robert-Koch-Institut meldet neue Höchststände bei den Corona-Neuinfektionen. Trotzdem sieht ein Epidemiologe positive Anzeichen. Einiges spreche dafür, dass die zweite Welle an Dynamik verliere. Mit einer Entspannung sei vorerst aber nicht zu rechnen.

Ein Pfleger in einer Corona-Notaufnahme. (Symbolbild)

Ein Pfleger in einer Corona-Notaufnahme. (Symbolbild)

Foto: dpa/Robert Michael

Zwei Wochen nach Inkrafttreten der schärferen Corona-Maßnahmen hat Deutschland am Freitag den höchsten Stand an Corona-Neuinfektionen verzeichnet. Wie das Robert-Koch-Institut mitteilte, meldeten die Gesundheitsämter 23.542 neue Fälle binnen 24 Stunden. Ein Viertel davon, 5873, entfiel auf NRW – das bevölkerungsreichste Bundesland ist bei den Infektionen weiter überrepräsentiert.

Bezogen auf 100.000 Einwohner, gab es in NRW in der vergangenen Woche 165 Neuinfektionen. Am höchsten liegt der Wert in Herne (341), danach folgen Duisburg (258) und der Kreis Düren (254). Die Zahlen werden Auswirkungen auf die Runde der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin am Montag haben, bei der über eine Verlängerung der Maßnahmen über November hinaus diskutiert werden dürfte.

Der Münsteraner Epidemiologe André Karch, der die nordrhein-westfälische Landesregierung berät, sagte unserer Redaktion: „Trotz der schwer zu interpretierenden Datenlage deutet einiges darauf hin, dass die Dynamik der Infektionsausbreitung sich verlangsamt hat.“ Dass schon eine Umkehr stattgefunden habe, sei aber eher unwahrscheinlich, so Karch: „Sollten wir uns in einer Seitwärtsbewegung befinden, wäre vorerst mit keiner Entspannung zu rechnen, weil wir erst in den kommenden Tagen, mit einiger Verzögerung, die schweren Verläufe der vergangenen Wochen und damit eine höhere Belegung der Intensivbetten sehen werden.“

Die aktuellen Einschränkungen seien im Vergleich zum Frühjahr deutlich differenzierter und weniger intensiv, sagte Karch. Deshalb habe man von vornherein davon ausgehen müssen, dass der Effekt relativ betrachtet kleiner ausfalle. Dementsprechend werde es schwieriger, direkt eine Veränderung zu messen.

Wirtschaftsvertreter haben einen ganz anderen Blick: Der Hauptgeschäftsführer von Unternehmer NRW, Johannes Pöttering, nannte die Maßnahmen „extrem schmerzhaft für die betroffenen Unternehmen und ihre Beschäftigten“. Es sei richtig gewesen, dass die Politik sofort erhebliche Unterstützung zugesagt habe. „Diese zugesagten Hilfen müssen nun aber auch zügig zur Auszahlung kommen“, warnte Pöttering. „Gleichzeitig brauchen wir Strategien mit Maßnahmen, die den Betrieben Perspektiven und möglichst hohe Planungssicherheit bis ins Frühjahr bieten.“

Der Verbandschef lobte, dass Schulen, Kitas und Grenzen geöffnet blieben. „Es darf jetzt keine Verschärfungen geben, die zusätzlich unsere Industrie abwürgen.“ Beides müsse gelingen: „Ansteckungen vermeiden und so viel wirtschaftliche Normalität wie möglich gewährleisten.“

Pötterings Wunsch, die Schulen so lange wie möglich offenzuhalten, wird von den zuständigen Politikern geteilt: „Noch nie waren sich alle Kultusminister so einig, dass kein flächendeckendes Wechselmodell eingeführt wird“, sagte NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) im Landtag. Darauf habe sich die Kultusministerkonferenz am Freitag geeinigt. Die Schulen im Frühjahr bundesweit zu schließen, sei die „schlechteste Entscheidung“ gewesen, „die wir treffen konnten“, sagte Gebauer. Eine Rechtsverordnung in NRW erlaube es aber Schulleitern, bei hohen Infektionszahlen nur für ihre Schule einen Wechsel zwischen Präsenz- und Distanzunterricht anzuordnen. Stadtweite Wechsel­modelle wie in Solingen seien hingegen auch weiterhin nicht erlaubt.

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