Bitte von Präsidentschaftskandidat Gore Clinton ordnet Freigabe von Ölreserven an
Washington (AP). US-Präsident Bill Clinton hat am Freitag einen Teil der strategischen Ölreserve freigegeben, um so ein Absinken der Preise zu bewirken. Das verlautete aus Regierungskreisen. Nähere Einzelheiten waren zunächst nicht bekannt, Energieminister Bill Richardson setzte aber für Freitagabend eine Pressekonferenz an. Vizepräsident Al Gore, der für die Demokratische Partei im Rennen um die Präsidentschaft antritt, hatte sich am Donnerstag mit einer entsprechenden Bitte an Clinton gewandt.
Es sollten solange hintereinander Mengen von fünf Millionen Barrel freigegeben werden, bis die hohen Preise für Heizöl und Benzin sinken. Der Preis für Rohöl zur Novemberauslieferung fiel am Donnerstag an dem Warenterminmarkt New York Mercantile Exchange auf Grund der Gore- Vorschläge um 1,24 Dollar auf 34 Dollar.
. Der inzwischen ausgelaufene Oktoberkontrakt für Rohöl hatte mit 37,20 Dollar am Mittwoch ein Zehnjahreshoch verbucht. Heizöl zur Oktoberauslieferung gab um 1,9 Cents auf 99,89 Cents je Gallone nach. Benzin notierte mit 98,4 Cents je Gallone (3,785 Liter) nur um 0,05 Cents niedriger. Auch der Erdgaspreis fiel leicht.
Einige Ölfachleute glauben, dass eine Freigabe von 30 Millionen Barrel die Ölpreise auf 26 bis 28 Dollar je Barrel (je 159 Liter) drücken könnten. Die strategische amerikanische Ölreserve ist für Krisen- und Kriegsfälle gedacht und umfasst 571 Millionen Barrel Öl. Andere Experten warnten jedoch auch vor möglichen negativen Reaktionen der OPEC-Länder mit ihren riesigen Reserven und verwiesen darauf, dass die von Gore vorgeschlagenen fünf Millionen Barrel- Freigaben nur den US-Ölverbrauch für jeweils sechs bis neun Stunden decken würden. Es werde auch viele Wochen dauern, bis das Öl in den Raffinerien sei Bei einem Besuch eines kleinen Ölhandels im Bundesstaat Maryland sagte Gore am Donnerstag (Ortszeit), die steigenden Ölpreise kämen einer "nationalen Krise" gleich. Er versprach, gegen die großen Ölkonzerne Front zu machen. Monate zuvor hatte sich Gore noch gegen den Einsatz der strategischen Ölreserve ausgesprochen. Gores Rivale im Wahlkampf, der texanische Gouverneur George Bush, kritisierte Gores Sinneswandel als eine "haarsträubende politische Wende". Gores Vorschlag sei politisch riskant und mache die USA gegenüber den Ölförderländern erpressbar.
Energieminister Bill Richardson sagte vor dem Kongress, dass Präsident Bill Clinton ernsthaft erwäge, Ölvorräte aus der Reserve freizugeben. Eine Entscheidung werde in einigen paar Tagen fallen. Clinton hatte während des Wahlkampfs 1996 zwölf Millionen Barrel aus der strategischen Reserve freigegeben, nachdem auch damals die hohen Energiepreise zu einem politischen Thema geworden waren.
Die USA richteten die strategische Ölreserve nach der Ölkrise 1975 ein. Die Vorräte lagern in riesigen unterirdischen Tanks im Bundesstaat Louisiana. Sie können den Verbrauch der gesamten USA für zwei Monate decken. Auf die Reserve war auch 1991 unter Präsident George Bush während des Golfkriegs zurückgegriffen worden.