Bis Mitte November galt Deutschland als BSE-frei Chronologie der BSE-Krise

Hamburg (dpa). Bis Mitte November galten deutsche Rinder als BSE-frei. Dann bestätigten Behörden am 24. November, dass ein 1996 in Schleswig-Holstein geborenes Rind an der Seuche erkrankt war. Seither kam es zu hektischen Aktionen. Vorläufiger Höhepunkt war der Rücktritt der Bundesminister für Landwirtschaft und Gesundheit, Karl-Heinz Funke (SPD) und Andrea Fischer (Grüne).

Eine Chronologie:

24. November: Erster Alarm nach zwei BSE-Meldungen. Bei einem Rind aus Schleswig-Holstein bestätigt sich der Verdacht. Ein auf den Azoren positiv getestetes Tier kommt nicht - wie zunächst behauptet - aus Sachsen-Anhalt. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) verlangt ein sofortiges Verbot der Verfütterung von Tiermehl, das als ein Überträger von BSE gilt. Das Agrarministerium schlägt eine Eilverordnung vor. Aus den Ländern wird ein Importverbot von britischem Fleisch gefordert.

25. November: Ein Bund-Länder-Krisenstab schlägt eine Eilverordnung über ein generelles Fütterungsverbot für Tiermehl vor.

26. November: EU-Kommissar David Byrne wirft Berlin vor, bis vor kurzem wichtige Maßnahmen blockiert zu haben.

27. November: Die Futtermittelindustrie erklärt sich nach Gesprächen mit dem Landwirtschaftsministerium zum sofortigen Verzicht auf Auslieferung und Export von Tiermehl bereit.

28. November: Die rot-grüne Koalition will das Tiermehl-Verbot per Gesetz regeln. Mehrere Landeskabinette beschließen den Ausbau von Labors für BSE-Schnelltests. Umweltverbände fordern eine radikale Abkehr von der industriellen Massentierhaltung.

29. November: Deutsche Wissenschaftler vermuten, dass der BSE- Erreger auch über Böden und Weiden übertragen werden könnte.

01. Dezember: Nach dem Bundestag stimmt der Bundesrat dem Eilgesetz für ein generelles Tiermehlverbot zu. Die Länderkammer fordert eine maßgebliche Beteiligung von Bund und EU an den Folgekosten. Gesundheitsministerin Fischer schreibt in einer Dringlichkeitsverordnung Pflichttests an allen geschlachteten Rindern über 30 Monaten vor.

02. Dezember: Das deutsche Tiermehlverbot tritt in Kraft.

04. Dezember: Deutschem und französischem Vorbild folgend beschließt der Rat der EU-Agrarminister ein auf ein halbes Jahr befristetes EU-weites Tiermehl-Verbot ab 1. Januar 2001.

06. Dezember: Die verbindlichen BSE-Tests laufen an.

14. Dezember: Bund und Länder setzen Arbeitsgruppe ein, die bis Ende Januar Lösungen für die umstrittene Kostenaufteilung zur Bewältigung der BSE-Krise vorlegen soll.

17. Dezember: Erster BSE-Fall in Bayern bestätigt. Die 1995 geborene Kuh aus Sulzberg im Oberallgäu stammte aus einem Familienbetrieb.

20. Dezember: Der erste Fall, bei dem BSE möglicherweise bei einem lebenden Rind offen zum Ausbruch kam, wird bekannt. Die Kuh wurde vor sechseinhalb Jahren in Rottenbuch in Oberbayern geboren. 21. Dezember: Die Zahl der bestätigten BSE-Fälle aus deutschen Betrieben steigt auf fünf.

28. Dezember: Erster BSE-Fall in Niedersachsen. Die vier Jahre alte Kuh aus einem Betrieb in Nortrup bei Bersenbrück im Landkreis Osnabrück war am 20. Dezember notgeschlachtet worden.

29. Dezember: Sachsen-Anhalt führt als erstes Bundesland eine Gen- Datenbank für Rinder ein. Schröder beauftragt die Präsidentin des Bundesrechnungshofs, Hedda von Wedel, mit einer Schwachstellenanalyse zur BSE-Krise. Funke fordert von Futtermittelherstellern freiwillige Angaben über die Zusammensetzung der Produkte.

2. Januar: Lebensmittelkontrolleure fahnden in Supermärkten nach falsch deklarierter Wurst, die entgegen den Angaben auf dem Etikett doch Rindfleisch enthält.

3. Januar: Schröder lehnt personelle Konsequenzen aus der BSE-Krise ab. Streit um Zuständigkeit für den Verbraucherschutz. Tierschützer protestieren gegen die Tötung ganzer Herden bei einem BSE-Fall.

4. Januar: Gesundheitsministerin Fischer will BSE-Schnelltests auf jüngere Schlachtrinder ausweiten und die Altersgrenze auf 24 Monate senken. Ein Konzeptpapier der Staatssekretäre des Landwirtschafts- und des Umweltministeriums wird bekannt, das eine radikale Hinwendung zum ökologischen Landbau fordert.

5. Januar: Sondersitzung der Bundestagsausschüsse Landwirtschaft und Gesundheit in Berlin. Funke legt ein Acht-Punkte-Programm zum Umbau der Landwirtschaft vor.

8. Januar: Bayern will bei einem BSE-Fall nicht mehr automatisch alle Tiere der Herde töten.

9. Januar: Insgesamt zehn BSE-Fälle in Deutschland sind amtlich bestätigt, sechs in Bayern, zwei in Niedersachsen und zwei in Schleswig-Holstein. Außerdem gibt es weitere Verdachtsfälle, einer davon in Mecklenburg-Vorpommern, wo sich zuvor ein Verdachtsfall nicht bestätigt hatte. Die Minister Funke und Fischer treten zurück.

(RPO Archiv)
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