Beginn 1995 Chronik des Prozesses

Straßburg (rpo). Egon Krenz bleibt wegen der Schüsse an der Mauer weiter in Haft. Der Europäische Gerichtshof entschied, dass keine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention durch deutsche Gerichte vorliege.

Chronik der wichtigsten Stationen:

13. November 1995: Unter dem Stichwort "Krenz-Prozess" beginnt das Totschlagverfahren gegen Mitglieder des Politbüros. Angeklagt sind Egon Krenz, die Politbüromitglieder Günter Schabowski und Günther Kleiber sowie Propagandachef Kurt Hager, Kontrollkommissar Erich Mückenberger und Kaderchef Horst Dohlus. Der ebenfalls angeklagte FDGB-Vorsitzende Harry Tisch war im Juni gestorben.

17. November: Der Vorsitzende Richter der 27. Großen Strafkammer, Hansgeorg Bräutigam, wird von einer anderen Strafkammer für befangen erklärt. Grund ist ein Artikel Bräutigams von 1993 über Strafverfahren gegen hohe DDR-Funktionäre. Beisitzer Josef Hoch rückt als neuer Vorsitzender nach und führt den Prozess bis zum Schluss.

30. November: Der Prozess wird wegen Erkrankung Kleibers ausgesetzt.

15. Januar 1996: Der Prozess beginnt neu.

26. Februar: Schabowski erklärt sich für moralisch schuldig.

9. Mai: Hager scheidet wegen stark eingeschränkter Verhandlungsfähigkeit aus.

12. August: Der friedliche Verlauf der Wende 1989 ist nach Aussage von des früheren stellvertretenden Verteidigungsministers Fritz Streletz maßgeblich Krenz zu verdanken. Streletz war im Honecker-Prozess zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden.

26. August: Das Verfahren gegen den kränkelnden 86-jährigen Mückeberger wird abgetrennt, um den schleppenden Prozess in Gang zu bekommen.

12. November: Das Bundesverfassungsgericht erklärt die Verurteilung von DDR-Spitzenpolitikern und Grenzsoldaten wegen der Todesschüsse für Rechtens. Die Tötung Unbewaffneter sei ein "offensichtlicher, unerträglicher Verstoß gegen völkerrechtlich geschützte Menschenrechte" gewesen. Ein Verstoß gegen das Rückwirkungsgesetz liege nicht vor.

5. Dezember: Das Gericht lehnt den Antrag der Verteidigung ab, Bundeskanzler Helmut Kohl als Zeuge zu laden.

5. Juni 1997: Am 100. Verhandlungstag trennt das Gericht das Verfahren gegen den 72-jährigen Dohlus aus gesundheitlichen Gründen ab.

28. bis 31. Juli: Die Staatsanwaltschaft fordert elf Jahre Haft für Krenz, neun für Schabowski und siebeneinhalb Jahre für Kleiber.

4. bis 11. August: Die Verteidigung fordert Freisprüche.

25. August: Krenz wird wegen Totschlags zu sechseinhalb Jahren, Schabowski und Kleiber werden zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

11. September: Nach 18 Tagen Untersuchungshaft wird Krenz aus der Haftanstalt Berlin-Moabit entlassen. Krenz muss sich wöchentlich bei der Polizei melden, darf Berlin und Brandenburg nicht verlassen und muss seinen Reisepass bei der Justiz abgeben.

19. Juli 1999: Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) in Leipzig gibt bekannt, dass am 27. Oktober über die Revisionsanträge von Krenz, Schabowski und Kleiber verhandelt wird.

27. Oktober: Das Revisionsverfahren vor dem BGH beginnt. Die Verurteilten verlangen eine Aufhebung des Berliner Urteils, die Staatsanwaltschaft fordert ein neues Verfahren.

8. November: Der BGH bestätigt die Urteile gegen Krenz, Schabowski und Kleiber fast genau auf den Tag zehn Jahre nach dem Fall der Mauer.

9. November: Die Berliner Staatsanwaltschaft gibt bekannt, dass sie das Verfahren wegen Wahlfälschung gegen Krenz nicht wieder aufnehmen wird.

15. November: Krenz legt Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg ein.

20. Dezember: Krenz legt beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde gegen seine Verurteilung wegen Totschlags ein. Das Gericht nimmt die Beschwerde jedoch nicht an.

12. Januar 2000: Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen lehnt nach Anhörung des Gnadenausschusses die von mehreren Bürgern eingereichten Gnadengesuche für die DDR-Politiker ab.

13. Januar: Der 62-jährige Krenz tritt in Berlin-Spandau seine Haftstrafe an.

22. März 2001: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg weist die Beschwerde Krenz' ab.

(RPO Archiv)
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