Peking Chinas Touristen sollen sich besser benehmen

Peking · Die Regierung sieht das Image des Landes durch die Rüpeleien einiger Landsleute bedroht.

Die kurze Videoszene im thailändischen Chiang Mai entrüstete die Einheimischen und beschämt seither viele Chinesen. Sie zeigt einen Touristen, den man nur von der Seite sieht und chinesisch sprechen hört. Der junge Mann schlendert im 1383 gegründeten Wat Phrathat Tempel an einer Reihe mannshoch aufgehängter alter Bronzeglocken vorbei. Als ob er es mit Fußbällen zu tun hat, schwingt er plötzlich sein Bein hoch und tritt gegen den Klöppel, um die Glocke zum Klingen zu bringen. Mit sich zufrieden geht er davon.

Doch zufällig filmte jemand die Szene mit seinem Handy und stellte das Video ins Internet. Dort sorgte der Vorfall für einen Sturm der Entrüstung - auf thailändischer, aber auch auf chinesischer Seite. Der Tritt gegen die Glocke ist nur einer von vielen Vorfällen, bei denen sich unkultivierte chinesische Zeitgenossen im Ausland so sehr danebenbenahmen, dass sie auch ihre Landsleute zuhause brüskierten. Zuvor hatte ein anderes Foto Thailänder wie Chinesen aufgebracht. Eine offenbar chinesische Touristin legte auf dem Flughafen Bangkok ihre feuchte Wäsche zum Trocknen auf die Lehnen der Sitze aus, darunter einen Büstenhalter und ein Höschen. Die Thailänder tobten.

Appelle an Chinas Reisende, sich als zivilisierte Touristen zu benehmen, nützten bisher wenig. Nun greift der Staat ein. Seit Januar führt die staatliche Reiseagentur CNTA öffentlich Buch über Urlauber-Rüpel. Als erstes kam ein Pärchen, das auf Gruppenreise in Thailand unterwegs war, auf ihre schwarze Liste. Beim Rückflug gerieten sie über Nichtigkeiten in wilden Streit mit einer Thai-Stewardess und verbrühten sie am Ende mit einer Tasse heißem Wasser. Das renitente Paar wurde nach seiner Ankunft nicht nur von den chinesischen Behörden bestraft. Auch die CNTA setzte sie für ein Jahr auf eine Schwarze Liste.

Tourismuschef Li Jinzao verteidigte die Maßregelungen. Angesichts der touristischen Völkerwanderungen von Chinesen in alle Welt könne unzivilisiertes Benehmen nicht mehr als "Lappalie" behandelt werden. Es schade dem Image des Landes. Das brachte auch schon Chinas Präsidenten Xi Jinping auf den Plan. Beim Besuch der Malediven im September 2014 übte er Kritik an seinen Landsleuten, die das Inselparadies im Indischen Ozean als neues Lieblingsziel für Gruppenreisen entdeckten. "Unsere Touristen sollten sich hier zivilisiert benehmen, keine Wasserflaschen in die Gegend werfen, keine Korallen als Mitbringsel abbrechen und weniger Fastfood-Nudeln essen." Ein Seitenhieb auf eine besondere Unsitte chinesischer Billigheimer, mit denen sie viele Hoteliers gegen sich aufbringen. Sie konsumieren oft nur "heißes Wasser", um mitgebrachte Instantnudeln aufzukochen und dadurch Geld zu sparen.

Chinas Auslands-Reisewelle steht erst am Anfang. 2014 kamen 107 Millionen Reisen zusammen, 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Tendenz steigend. Urlauber aus der Volksrepublik geben auf ihren Reisen zusammen mehr aus als die reichen Touristen aus den USA oder aus Deutschland. Mit Blick auf die neue Einnahmequelle vereinfachen immer mehr Staaten ihre Visaregeln für chinesische Gruppenreisen.

"Erziehung zum liebenswerten Touristen" wird daher nun auch in China zur obersten Maxime. Eine nationale Reisewebseite notiert alle peinlichen Fälle, die bereits den Nerv der Nation trafen. Im Herbst machte eine massenhaft verteilte 65-seitige Anstands-Fibel Furore, die aufzählte, welches Verhalten im Ausland verpönt ist und dem Ansehen Chinas schade. Mahnungen allein reichten aber nicht, zitierte die "Pekinger Tageszeitung" jetzt Tourismusexperten: "Die Erziehung zum zivilisierten Reisenden muss in der Schule beginnen."

(RP)
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