Paris "Charlie" Hollande - der erstarkte Präsident

Paris · Die Franzosen honorieren die Größe, die der unbeliebte Sozialist nach den Anschlägen gezeigt hat.

Wenn die Amtszeit von François Hollande vorbei ist, wird der 11. Januar in Erinnerung bleiben, jenes Bild, das den französischen Präsidenten an der Pariser Metrostation Voltaire an der Seite von rund 50 Staats- und Regierungschefs zeigt - ein bisher einmaliges Zeichen der internationalen Solidarität mit den Opfern der Anschlagserie. Hollande selbst war es, der sich bei Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem malischen Präsidenten Ibrahim Boubacar Keita unterhakte und so der Geste noch mehr Gewicht verlieh.

"Die Welt marschiert neben François Hollande und Frankreich hinter ihm", schrieb die Zeitung "Le Monde" euphorisch. "Hollande ohne Fehler", titelt auch "Le Parisien". Dass der oft zaudernde Politiker in den vergangenen Tagen an Statur gewann, darüber sind sich die meisten einig. Schon kurz nach dem ersten Anschlag auf die Satire-Zeitung "Charlie Hebdo" war Hollande am Tatort und fand sichtlich bewegt die richtigen Worte. Bereits am nächsten Tag empfing er die Vertreter aller politischen Parteien, besuchte die Angehörigen und zeigte dabei eine natürliche Autorität, die viele seiner Landsleute bisher vermissten.

Am Freitagabend kündigte der Präsident dann an, an der Demonstration für die Opfer der Anschläge teilzunehmen - eine Geste, die vor ihm nur François Mitterrand 1990 gezeigt hatte. Nicht nur 50 Staats- und Regierungschefs, sondern auch mehr als 1,5 Millionen Franzosen gingen am Sonntag zusammen mit Hollande in Paris auf die Straße - ohne einen einzigen Zwischenfall. Gesprochen hat der Staatschef nicht an jenem denkwürdigen Tag. Doch sein Schweigen war wertvoller als eine Trauerrede.

Die Franzosen honorierten die Größe, die ihr bisher so unbeliebter Präsident an den Tag legte. Um vier Prozentpunkte stieg nach einer gestern veröffentlichten Umfrage die Zufriedenheit mit dem Staatschef. "Die Regierung hat auf diese Tragödie mit Ruhe und Tüchtigkeit reagiert", räumte auch der konservative Ex-Minister Eric Woerth ein.

Mit der gegenseitigen Wertschätzung war es gestern allerdings vorbei: Oppositionschef Nicolas Sarkozy, der am Sonntag in der zweiten Reihe hinter den Staatschefs marschiert war, begann mit der Debatte um die Aufarbeitung der Anschläge.

(RP)
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