Merkel-Papier als Diskussionsgrundlage CDU-Vorstand billigt "neue Soziale Marktwirtschaft"

Berlin (rpo). Der CDU-Bundesvorstand hat das Konzept für eine "neue Soziale Marktwirtschaft" als Diskussionsgrundlage für eine Erneuerung der wirtschafts- und sozialpolitischen Programmatik der Partei gebilligt. Die Thesen würden jetzt in die Diskussion innerhalb der CDU gegeben, sagte die Parteivorsitzende Angela Merkel am Montag nach Sitzungen der Spitzengremien in Berlin.

Das Konzept wurde von einer Kommission unter Leitung von CDU- Chefin Angela Merkel erarbeitet. Es soll nun bis zum Parteitag im Dezember weiter diskutiert werden. Auch der umstrittene Begriff "neue Soziale Marktwirtschaft", der unter anderem Bedenken bei CDU/CSU- Fraktionschef Friedrich Merz hervorgerufen hatte, bleibt damit vorerst erhalten. Zu Einzelpunkten wurde aber schon der Wunsch nach Veränderungen laut. Der Arbeitnehmer-Flügel blieb bei seinen grundsätzlichen Bedenken.

Merkel sprach nach der Sitzung von einem "ganz wichtigen Punkt in der inhaltlichen Erneuerung" der Partei. Der Kommission sei es um die Frage gegangen, was der Vater der Sozialen Marktwirtschaft, Ludwig Erhard, unter den veränderten Bedingungen der Globalisierung und Wissensgesellschaft heute tun würde.

In dem Konzept werden grundlegende Reformen in der Bildung, weniger und einfachere staatliche Regulierungen, eine radikale Steuerreform sowie eine größere Flexibilisierung des Arbeitsmarkts verlangt. Am Rentensystem will die Kommission grundsätzlich festhalten. Reformbedarf sieht sie auch im Gesundheitswesen. Grundsätzliche Kritik kam nach der FDP und auch von der SPD.

Das Konzept gilt in der Union als besonders bedeutsam, weil Merkel und CSU-Chef Edmund Stoiber das Ziel haben, die Wirtschafts- und Sozialpolitik zum zentralen Wahlkampfthema im kommenden Jahr machen. Aus der CSU waren in den vergangenen Tagen aber Bedenken gekommen. Der CSU-Fraktionsvorsitzende im bayerischen Landtag, Alois Glück, betonte jedoch am Montag, es gebe keinen Streit. Die CDU will das Wirtschaftskonzept auf dem Dresdner Parteitag im Dezember als Teil des Leitantrags verabschieden.

Zu den Kernpunkten zählt eine Einkommenssteuerreform mit einem Stufentarif mit 10, 20 und 35 Prozent. Im Bildungswesen sollen grundsätzlich mehr Wettbewerb und Leistungsorientierung herrschen. Die Länder sollen grundsätzlich mehr regeln und die Bürger in der Alters- und Gesundheitsvorsorge mehr Eigenverantwortung übernehmen.

Der Chef der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Hermann-Josef Arentz, untermauerte seine Zweifel. Er erklärte im Deutschlandfunk, die Analyse im Bereich Arbeitsmarkt und Sozialversicherung sei zu einseitig aus dem Blick der Wirtschaft. Bei allem Lob gab der saarländische Ministerpräsident Peter Müller zu bedenken, ob die radikale Vereinfachung des Steuersystems auch umzusetzen sei. Der Vorsitzenden der Jungen Union, Hildegard Müller, gingen die Vorschläge in Hinblick auf die Reform der sozialen Sicherungssystems nicht weit genug.

SPD-Generalsekretär Franz Müntefering kritisierte das Papier massiv. Der Zeitung "Die Welt" sagte er: "Nach dem trügerischen Motto ´Wirtschaft findet in der Wirtschaft statt´ setzt sie weiterhin allein auf die Angebotsseite: Kündigungsschutz lockern, Sozialleistungen kürzen, Sozialstaat ade - alles Maßnahmen, die 1998 abgewählt wurden." (Achtung: Sie erhalten bis 1800 Uhr noch einen Korrespondenten- Bericht, ca. 50 Zeilen. - dpa hat dazu am 23. August einen Hintergrund gesendet

(RPO Archiv)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort