Berlin "Kartoffelküche" soll Schwarz-Gelb warmhalten

Berlin · Politiker von Union und FDP loten in einem neuen Gesprächskreis in Berlin Gemeinsamkeiten aus.

Als die schwarz-gelbe Regierung 2013 abgewählt wurde und die Liberalen den Einzug in den Bundestag verpassten, galt das Bündnis als gescheitert. Die Enttäuschung über den Koalitionspartner war auf beiden Seiten groß. Noch in der Phase der gegenseitigen Vorwürfe raufte sich eine kleine Gruppe von Politikern aus CDU und FDP zusammen. In Anlehnung an gutbürgerliches Essen gaben sie ihrem Gesprächskreis den Namen "Kartoffelküche".

Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter (CDU) und der frühere FDP-Parlamentsgeschäftsführer Otto Fricke haben die Runde ins Leben gerufen. Jetzt trafen sich die rund 20 Politiker, darunter amtierende und ehemalige Staatssekretäre sowie Abgeordnete aus Bund und Länder, zum dritten Mal. Sie kamen in einer Westberliner Gaststätte mit deftiger Küche zusammen. "Das ist wie bei einem Paar, das sehr lange zusammen ist: Man muss halt auch reden", sagt Fricke.

In der Hauptstadt gibt es eine ganze Reihe von Gesprächskreisen über Parteigrenzen hinweg. Sie dienen dazu, dass persönliches Vertrauen aufgebaut wird, falls man doch eines Tages beieinander sitzt und eine gemeinsame Koalition ausloten muss. Durch die lockeren Treffen lernen die Abgeordneten auch die Denkwelt und die roten Linien der Anderen kennen. Regelmäßig sitzen auch Abgeordnete von Union und Grünen beim Spaghetti-Essen zusammen. SPD und Grüne wiederum treffen sich auch mit Linken unter dem Namen "R2G", was für zweimal Rot und einmal Grün steht.

Als Gastredner hatten sich die Schwarz-Gelben den Berliner Historiker Paul Nolte eingeladen. Es ging um die Frage, was Bürgerlichkeit heute ausmacht. Es gehe nicht um eine Rückkehr zur Klein- oder Spießbürgerlichkeit, vielmehr werde Bürgerlichkeit heute von "Freiheit, Bildung und Selbstbestimmtheit" dominiert, sagt Kampeter. Für die anti-institutionellen Bürgerbewegungen, die gegen einen Großbahnhof seien oder die Griechen aus dem Euro werfen wollten, dürfe es keine Resonanz im Begriff Bürgerlichkeit geben.

Während es für Unionsleute und Liberale nicht allzu schwer ist, sich auf eine gemeinsame Definition von Bürgerlichkeit zu einigen, soll es beim nächsten Treffen ans Eingemachte gehen. Dann soll das Thema innere Sicherheit und terroristische Bedrohung diskutiert werden. Das Treffen soll noch vor der Sommerpause stattfinden.

Fricke ist überzeugt, dass die Diskussionsrunden dabei helfen, bei einer möglichen Neuauflage Missverständnissen, Pannen und Gezänk wie in der alten schwarz-gelben Koalition vorzubeugen. "Wir schaffen es, dass wir nicht aneinander vorbeireden", sagt Fricke. "In dem Punkt sind wir schon vorangekommen."

(qua)
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