Rüttgers: "Justizskandal ersten Ranges" CDU fordert personelle Konsequenzen wegen Pofalla-Affäre

Düsseldorf (dpa/lnw). Die CDU-Opposition in Nordrhein-Westfalen fordert personelle Konsequenzen wegen der rechtswidrigen Steuer-Ermittlungen gegen den CDU-Bundestagsabgeordneten Ronald Pofalla. CDU-Landeschef Jürgen Rüttgers sprach am Freitag in Düsseldorf von einem "Justizskandal ersten Ranges", für den es eine "unbestreitbare Verantwortung" des Landesjustiz- und des Finanzministers gebe. Justizminister Jochen Dieckmann (SPD) bezeichnete die Vorwürfe der CDU als absurd: "Eine ungeheure Entgleisung." Die FDP forderte, den Status der Generalstaatsanwälte als politische Beamte unverzüglich aufzugeben.

Eine öffentliche Sondersitzung des parlamentarischen Rechtsausschusses soll Mitte September klären, wieso es ohne hinreichenden Tatverdacht zu Hausdurchsuchungen der Steuerfahndung bei Pofalla kurz vor der Landtagswahl im Mai kommen konnte. "Wir erwarten, dass dann endlich Ross und Reiter genannt werden, Verantwortlichkeiten festgestellt und dass auch endlich Verantwortung übernommen wird", forderte Rüttgers.

Pofalla warf Landesjustizminister Jochen Dieckmann (SPD) vor, er versuche, die Vorgänge zu vertuschen. Dieckmann hatte am Mittwoch in dem Ausschuss den Vorwurf zurückgewiesen, gegen Pofalla sei ein politisch motiviertes Verfahren inszeniert worden. Er räumte allerdings Fehler bei den Ermittlungen ein.

Rüttgers nannte dies "eine Bagatellisierung eines ungeheuerlichen Vorgangs" und warf Dieckmann vor, "bewusst oder weil er schlecht informiert worden ist", die Unwahrheit gesagt zu haben. Der Fall Pofalla sei ein Lehrstück für "ein System organisierter Unverantwortlichkeit" in NRW, das mit Rechtsstaatlichkeit nicht zu vereinbaren sei. "Das ist mehr als eine unglückliche Verkettung von Pannen."

Dieckmann versicherte in Düsseldorf erneut, allen Einzelheiten werde nachgegangen. "Ich habe nichts vertuscht. Es wird auch künftig nichts vertuscht werden." Die Staatsanwalten handelten verantwortlich und stellten sich dieser Verantwortung. "Es gibt kein System organisierter Unverantwortlichkeit."

Pofalla, der zahlreiche Schriftstücke zu seiner Entlastung vorlegte und Ungereimtheiten im Justizverfahren anprangerte, bilanzierte: "Ich will an Zufälle nicht mehr glauben." "Zum System der organisierten Unverantwortlichkeit mischt sich vielleicht in einem unguten Verhältnis politische Einflussnahme." Der 41-jährige Rechtsanwalt war für den Fall eines CDU-Wahlsiegs in NRW als Justizminister im Gespräch.

Das Landgericht Kleve hatte die Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse für das Pofalla-Büro als rechtswidrig eingestuft. Der Politiker hat in der vergangenen Woche bereits rechtliche Schritte angekündigt: Vor dem Bundesverfassungsgericht will er gegen Bundestagspräsident Thierse klagen, weil seine Immunität zu Unrecht aufgehoben worden sei; dem Land NRW droht eine Schadensersatzklage.

Die Staatsanwaltschaft habe dem Klever Amtsgericht und dem Immunitätsausschuss lediglich Vermutungen und Spekulationen präsentiert, kritisierten die CDU-Politiker. Dies habe der Düsseldorfer Generalstaatsanwalt jedoch in der Öffentlichkeit anders dargestellt. "Generalstaatsanwalt Walter Selter hat gelogen", so Pofalla. "Der Justizminister hat seine Chance zur Aufklärung vertan."

Der Rechtsexperte der FDP-Landtagsfraktion, Jan Söffing, kritisierte: "Der Status des Generalstaatsanwalts als politischer Beamter führt in der Öffentlichkeit zu dem bösen Schein, die Staatsanwaltschaft sei ein im politischen Machtkampf einsetzbares Instrument der Regierung." Zudem würden Prominente schnell "kriminalisiert", wenn die Steuerbehörden Verdachtsfälle gleich an die Staatsanwaltschaften weiter leiteten anstatt selbst weiter zu ermitteln. Söffing forderte Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) auf, hier eine Neuregelung zu schaffen.

(RPO Archiv)
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