Persönlich Can Dündar . . . gibt Posten des Chefredakteurs auf

Kritische Journalisten bekommen Einschränkungen der Meinungsfreiheit fast immer als Erste zu spüren. Das erfuhr auch Can Dündar (55), der derzeit wohl bekannteste Journalist der Türkei. Der Chefredakteur der linken Tageszeitung "Cumhuriyet" wurde im Mai dieses Jahres zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt, weil er das tat, was ein Journalist tun muss: aufschreiben, was ist. In seinem Fall waren es Dokumente des türkischen Geheimdienstes. Sie belegen, dass die Terrormiliz Islamischer Staat Waffen von der Türkei erhielt.

Jetzt hat der Vorzeigejournalist seinen Posten als Chefredakteur aufgegeben. Dafür gibt es Gründe. Dündar hatte die Türkei verlassen, als nach der Urteilsverkündung ein Unbekannter auf ihn geschossen hatte. Er blieb unverletzt. Zuvor hatte ihn eine noch in Teilen unabhängige Staatsanwaltschaft auf freien Fuß gesetzt. Gegen die Haftstrafe war er in Berufung gegangen.

Nach dem Militärputsch will der streitbare Schreiber nun nicht mehr in die Heimat zurückkehren. Er habe kein Vertrauen in eine unabhängige türkische Justiz. Dündar: "Das hätte bedeutet, den Kopf aufs Schafott zu legen."

Hinzu kommt ein zweiter Grund: Der Journalist kann sich offenbar auch seiner eigenen Zeitung nicht ganz sicher sein. Denn nach der Verhaftung von regierungskritischen Journalisten gab es auch in der oppositionellen "Cumhuriyet" erhebliche personelle Veränderungen. So kann der neue Chef Oguz Güven nicht mehr so frei agieren wie sein großer Vorgänger. Trotzdem will Dündar noch Beiträge für sein Blatt schreiben. Beim Kurznachrichtendienst Twitter hat der zurückgetretene Chefredakteur mehr als drei Millionen Follower.

Die Situation in der Türkei erträgt der Journalist nur noch mit Galgenhumor. Auf die Frage, ob es noch Pressefreiheit in der Türkei gebe, antwortete Dündar: "Sie können schreiben, was Sie wollen. Sie müssen nur den Preis dafür zahlen."

(RP)
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