Arafat nciht eingeladen Bush: Werden Frieden in Nahost nicht erzwingen

Washington/Jerusalem/ Ramallah (rpo). Neuer US-Präsident, neue Nahost-Politik: George W. Bush hat dem neuen israelischen Ministerpräsident Ariel Scharon (Foto) versichert, dass seine Regierung die Friedensbemühungen im Nahen Osten zwar weiter unterstützen aber keinen Frieden erzwingen werde.

Bush hat dem israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon deutliche Rückendeckung für seine Politik gegenüber den Palästinensern gegeben. Nach ihrem ersten Treffen im Weißen Haus stimmten beide konservative Politiker am Dienstagabend überein, Verhandlungen mit Palästinenserpräsident Jassir Arafat sollten erst dann wieder aufgenommen werden, wenn die Gewalt im Westjordanland und im Gazastreifen aufhört. Bush versicherte, die USA wollten die Friedensbemühungen im Nahen Osten weiter unterstützen, aber "den Frieden nicht erzwingen". Bush deutete an, er gedenke nicht, Arafat in nächster Zeit ins Weiße Haus einzuladen. Scharon wollte am späten Mittwoch in New York unter anderem mit UN-Generalsekretär Kofi Annan zusammentreffen.

Palästinensische Politiker kritisierten die Äußerungen von Bush und Scharon. "Die USA haben jede Glaubwürdigkeit als Förderer des Friedensprozesses verloren," sagte der militante Palästinenserführer Marwan Barguti am Mittwoch in einer ersten Reaktion. Die Abgeordnete Hannan Aschrawi meinte, "ich bin besorgt über dieses plötzliche Liebesfest. Offenbar haben die USA Scharons frühere Verbrechen vergessen." Scharon gilt als Auslöser der vor einem halben Jahr ausgebrochenen blutigen Unruhen in den Palästinensergebieten. Nach seinem Besuch auf dem Juden und Moslems heiligen Tempelberg (arabisch: Haram el Scharif) in der Altstadt Jerusalems am 28. September 2000 hatte der Aufstand begonnen. Der Aufstand hat bis heute 387 Palästinenser und 67 Israelis das Leben gekostet.

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Bill Clinton machte Bush klar, dass seine Regierung "nicht versuchen (will), den Frieden zu erzwingen". Allerdings werde man dafür arbeiten, "Frieden möglich zu machen, und mit denen zusammenarbeiten, die für den Frieden verantwortlich sind", meinte der Präsident. Washington wolle zunächst alles unternehmen, um die Lage zu beruhigen und damit einen Dialog in einer friedlichen Atmosphäre ermöglichen. Bush drängte Scharon zugleich, die israelischen Sanktionen und die Blockade der Palästinensergebiete aufzuheben.

Scharon, der später noch mit Vizepräsident Richard Cheney und Vertretern des US-Kongresses zusammentraf, bezeichnete die Unterredung mit Bush als sehr gut und "sehr offen". Er wiederholte jedoch, dass es keine Verhandlungen geben könne, solange die Gewalt in der Region anhalte. Der Terrorismus sei "die Hauptgefahr für die Region", erklärte Scharon, der weiter betonte, er sei dem Frieden zwar verpflichtet, doch seine Priorität sei "die Sicherheit der Israelis".

Ungeachtet der Übereinstimmungen zwischen Bush und Scharon kritisierte der Sprecher des US-Außenministeriums, Richard Boucher, am Dienstag bekannt gewordene israelische Pläne, die höchst umstrittene jüdische Siedlung Har Homa südöstlich von Jerusalem um 2400 Wohneinheiten auszubauen. "Wir glauben nicht, dass solche Bau- Aktivitäten zur Sicherheit und Stabilität in der Region beitragen", warnte er.

Schwere Vorwürfe gegen Israel

Eine UN-Sonderkommission hat den israelischen Sicherheitskräften exzessives und unangemessenes Vorgehen gegen die Palästinenser vorgeworfen. Die dreiköpfige Kommission hatte Israel und die Autonomiegebiete Mitte Februar auf Ersuchen der UN-Menschenrechtskommission bereist und legte am Mittwoch ihren Bericht vor. Darin heißt es, Sicherheitskräfte, deren Mitglieder selbst kaum gefährdet gewesen seien, hätten hunderte Palästinenser getötet und verletzt.

Die meisten Todesfälle auf israelischer Seiten seien bei direkten Zusammenstößen zwischen beiden Konfliktparteien in der Nähe jüdischer Siedlungen erfolgt. Die Kommission fordert, Israel solle sicherstellen, dass unbeteiligte Personen nicht bei Zusammenstößen verletzt würden. Zudem müsse die Reaktion der Sicherheitskräfte angemessen sein. Ferner solle Israel die Blockade der Autonomiegebiete aufheben.

Der Bericht empfiehlt eine internationale Präsenz in der Region, um regelmäßig darüber zu informieren, ob die Konfliktparteien die Menschenrechte respektieren. Der Kommission bestand aus Kamal Hossein aus Bangladesch, Richard Falk aus den USA und dem Südafrikaner John Dugard. Israel hatte die Zusammenarbeit mit den Mitgliedern abgelehnt.

Leibwächter Arafats getötet

Bei einem heftigen Feuergefecht im Gazastreifen sind am Mittwochabend ein Palästinenser getötet und vier weitere verletzt worden. Nach Angaben der palästinensischen Polizei handelt es sich bei den Opfern um Mitglieder der Leibgarde von Palästinenserpräsident Jassir Arafat, der "Force 17".

Nach Augenzeugenberichten hatten Palästinenser einen Stützpunkt der israelischen Armee im Bereich der Netzarim-Kreuzung südlich der Stadt Gaza beschossen. Daraufhin feuerten die Israelis mit Panzergranaten zurück. Dabei wurden die Mitglieder von "Force 17" an einem nahe gelegenen palästinensischen Kontrollpunkt getroffen. Es war zunächst unklar, ob sie selbst an dem Beschuss des israelischen Armee-Stützpunktes beteiligt gewesen waren. Israel wirft "Force 17" vor, an mehreren Anschlägen auf israelische Ziele aktiv beteiligt gewesen zu sein. Die Palästinensische Autonomiebehörde bestreitet dies vehement.

Der israelische Armeesender meldete, palästinensische Rebellen hätten zudem jüdische Siedlungen im Gazastreifen mit Mörsergranaten beschossen.

(RPO Archiv)
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