Bundeswehr auf dem Prüfstand Bundeswehr-Reform gerät ins Stocken

Berlin · Mit einem Begleitprogramm will der Verteidigungsminister den Bundeswehr-Umbau attraktiv machen. Doch bei der Umsetzung melden andere Ressorts Bedenken an, Verbände halten die Details für "unakzeptabel", und die SPD bezweifelt, ob sie vom Grundgesetz gedeckt sind.

Kleiner, feiner, attraktiver — so will Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) die Bundeswehr der Zukunft. Sein Konzept fand viel Anklang. Doch bei der Umsetzung hakt es jetzt. Die Ressortabstimmung innerhalb der Bundesregierung ist ins Stocken geraten. Und die SPD fährt schwere Geschütze auf: "Es ist fraglich, ob sein Konzept überhaupt vom Grundgesetz gedeckt ist", sagt Verteidigungsexperte Michael Groschek im Gespräch mit unserer Zeitung.

Während für den Truppenabbau selbst die Feinplanungen noch bis April laufen, liegt ein erster Referentenentwurf zum Reformbegleitgesetz inzwischen vor. Bei den Experten des Bundeswehrverbandes fällt er glatt durch: "Die Art und Weise der Umsetzung dieses an sich positiven Ansatzes bewegt sich in Teilen zwischen enttäuschend minimalistisch und schlicht indiskutabel und muss somit als weitestgehend verfehlt bewertet werden", lautet der Schlüsselsatz der Soldaten-Gewerkschaft.

Ein Kernpunkt für de Maizière war bei der Vorstellung im Oktober die bessere Vereinbarkeit von Familie und Dienst. Die sieht der Bundeswehrverband nun aber "sträflich vernachlässigt". Weiterer Schwerpunkt waren neue Wege des Personalabbaus. Hier entdeckt der Verband nun einen "Anachronismus" im Festhalten an Hinzuverdienstgrenzen. Das werde dem Wechselwillen von Soldaten entgegen stehen.

Auch der Verband der Beamten der Bundeswehr macht gegen de Maizière mobil. Die geplante Ausgliederung der Personalabrechnung aus dem Verteidigungsministerium in andere Ressorts sei "völlig unakzeptabel". Sie diene einzig dem Zweck, den Umfang des Zivilpersonals auf 55 000 Stellen zu drücken. Dabei hätten sorgfältige Prüfungen und Planungen im Ministerium selbst 62 000 Dienstposten als notwendig ergeben, um eine "verantwortliche Aufgabenwahrnehmung" sicherzustellen.

"Keine Notwendigkeit" sieht auch eine Eingabe an den Petitionsausschuss für die Auslagerung bestimmter Abrechnungsaufgaben. Die öffentliche Petition hat in kurzer Zeit mehrere Hundert Unterstützer gefunden.

Nach Einschätzung der SPD scheitert das von de Maizière geplante Verschieben von Soldaten auf zivile Dienstposten möglicherweise an der im Grundgesetz vorgeschriebenen Trennung beider Bereiche. Inzwischen stellt sich für den SPD-Bundeswehr-Spezialisten Groschek sogar eine grundsätzliche Frage: "Ob der Verteidigungsminister das Milliardenprogramm für die attraktivere Bundeswehr wie versprochen durchsetzen kann, wird zur Nagelprobe für seine Glaubwürdigkeit." Wenn der Minister neu angeworbenen Soldaten nicht zusichern könne, dass sie ihre beim Bund erworbenen Ansprüche auch mitnehmen können, dann drohe "das ganze Programm zum Flop zu werden", argwöhnt Groschek. Seine Folgerung: "Das muss jetzt alles erst einmal gründlich auf den Prüfstand". Deshalb wollen die Sozialdemokraten eine Expertenanhörung zu de Maizières Konzept.

Der Minister trägt die Kritik mit Fassung. Dass solche vorbereitenden Gespräche zwischen verschiedenen Häusern manchmal auch schwierig verlaufen, sei "völlig normal". Das Innenministerium müsse nun einmal darauf achten, wie besondere Regelungen für Soldaten auf andere Gruppen, wie etwa Polizisten wirken könnten. "Wir sind da auf einem deutlich guten Weg", sagt de Maizières Sprecher Stefan Paris. Erwartungen von Interessenverbänden könnten nicht zu 100 Prozent erfüllt werden. "Sie kriegen eine Goldrandlösung niemals hin", betont Paris. Und: "Wir können doch kein Wünsch-dir-was-Gesetz machen." Das Innenministerium übernehme bereits jetzt für zwei Drittel aller Ministerien die Reisekostenabrechnung. Das zu bündeln, sei "erklärtes Ziel der Bundesregierung".

(RP)
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