Bundeswehr ohne Munition?

Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hellmut Königshaus (FDP), klagt über dramatische Ausrüstungsmängel bei der Bundeswehr. Bürokratie, fehlende Munition und kuriose Vorgaben behindern die Soldaten in Afghanistan.

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ist nicht zu beneiden. Der populäre CSU-Minister muss in seinem Etat jährlich mehr als eine Milliarde Euro einsparen. Eine Radikalkur steht der Bundeswehr bevor. Gleichzeitig häufen sich die Berichte über eklatante Versorgungsmängel bei den Einheiten am Hindukusch. Erneut geht der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hellmut Königshaus (FDP), in die Offensive. Er bezeichnete die Defizite bei der Ausstattung der Soldaten in Afghanistan als "Drama".

Munition "Es fehlt an Munition für Einsatz und Ausbildung", sagte Königshaus. Der FDP-Politiker führt das auf den hohen Verbrauch zurück, der das Ergebnis des Einsatzes von veralteten, kleinkalibrigen Waffen sei. Die Kritik ist nicht neu. Bei einer Bundeswehrtagung neulich in Berlin beschwerte sich ein Zeitsoldat direkt beim anwesenden Minister zu Guttenberg, dass ihm bei der Ausbildung in Afghanistan die Munition ausgegangen sei. "Engpässe kommen immer wieder vor. Das ist ein logistisches Problem", sagte Oberstleutnant Thomas Sohst, Landesvorsitzender West des Bundeswehrverbands unserer Zeitung.

Fahrzeuge Der Wehrbeauftragte Königshaus beklagt hohe bürokratische Hürden für den Einsatz von sicheren Fahrzeugen. So gebe es zwar geschützte Fahrzeuge zum Aufspüren und Entschärfen von Sprengsätzen. Diese dürfe die Bundeswehr aber nicht benutzen, weil sie nicht den deutschen Zulassungsnormen, wie der Stehhöhe im Innenraum, entsprächen. "Das ist nicht hinnehmbar", so Königshaus. "Es geht schließlich nicht um eine Spazierfahrt auf dem Berliner Kudamm." Ein Offizier, der die Einsatzverhältnisse im afghanischen Norden kennt, erzählte unserer Zeitung, dass es schon vorgekommen sei, dass handwerklich begabte Soldaten auf eigene Faust am Geländewagen "Wolf" Minenschutz anschweißen würden, um die Fahrzeuge zu sichern. Der TÜV habe die Autos dann aber nicht genehmigt.

Versorgung In den afghanischen Feldlagern schlafen die Soldaten oft in Zelten. "Für die geschützten Truppenquartiere in Kundus fehlen die Möbel, weil sie zu spät auf die monatelange Reise geschickt wurden", sagt Königshaus. Karge Kost ist ebenfalls ein Problem. Die Einmannpackung "EPA" enthält oft nur eine Sorte Fertigessen, so dass die Soldaten, die außerhalb des Lagers im Einsatz sind, wochenlang das Gleiche essen müssen.

Kleidung In dem aktuellen Buch "Ruhet in Frieden, Soldaten", das zwei "Bild"-Journalisten geschrieben haben, listet ein Brigadegeneral Mängel bei der Kleidung auf. Es gebe "keine brauchbare Winterunterwäsche", heißt es. Die Unterhemden, die die Soldaten tragen würden, stammten "aus Beständen der 60er Jahre".

Reaktionen Das Verteidigungsministerium wies die Kritik zurück. Die Ausstattung werde ständig verbessert, sagte ein Sprecher. Eine von Minister zu Guttenberg eingesetzte Arbeitsgruppe gehe "Dutzende von Maßnahmen" an.

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